Grenzüberschreitungen. Internationaler Programmaustausch als interkulturelle Kommunikation zwischen West- und Osteuropa am Beispiel des DDR-Fernsehens
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Zusammenfassend lässt sich nach der Rekonstruktion und Analyse der internationalen Beziehungen des DDR-Fernsehens und der Arbeit der OIRT erkennen, dass sich die Strategien der medialen Konfrontation und Agitation durch den Programmtransfer hin zu einer Annäherung und Dialogbereitschaft verlagert haben. Zudem lösten die dauerhaften Wechselbeziehungen beim Fernsehen einen frühen Synchronisierungsprozess im Sinne einer Cross-Culture aus – auch wenn die partielle Öffnung in Osteuropa nur bedingt zu einer Pluralisierung führte und keinen Beitrag zu einer echten Partizipation oder einer öffentlichen Streitkultur leisten konnte. Durch die Interaktion und Vernetzung der Sender ist durchaus ein transnationaler „Kommunikationsraum“ (Karl W. Deutsch) entstanden, der in Ansätzen zu einer europäischen Medienöffentlichkeit führte. Das Zusammenspiel als Kultivierungs- und Ausgleichprozess konnte die bipolare Informationsordnung und Abschottungsreaktionen des Kalten Krieges mit der Zeit aufweichen, was trotz ideologischer Interessengegensätze und einem ökonomischen wie technologischen Ost-West-Gefälle partiell zu einem Integrationsprozess beigetragen hat. Bei dieser Betrachtung der europäischen Medienlandschaft muss allerdings immer berücksichtigt werden, dass die nachweisbare Verflechtung, Konvergenz und Transformation der nationalen Fernsehkulturen nicht nur der politischen Logik einer ‚friedlichen Koexistenz’ mit entspannungspolitischen Zielen geschuldet sind. Sie verweisen vielmehr auch auf die medienimmanente Dynamik, die auf den internationalen Wettbewerbsdruck ebenso zurückzuführen ist wie auf die Bedeutung massenkultureller Angebote und veränderten Zuschauerpräferenzen in allen Industriegesellschaften. Nach Abschluß der eigenen Studien ist verabredet, die in großem Umfang recherchierten Quellen als Depositum am Deutschen Rundfunkarchiv zu hinterlegen und damit der weiterführenden Forschung zugänglich zu machen und Impulse für separate Länderstudien geben können. Der Beginn ist bereits mit der Arbeit von Thomas Heimann (Speyer) gemacht, die mit Förderung der DEFA-Stiftung erscheinen wird und in enger Abstimmung bzw. mit Unterstützung durch unser Projekt die Beziehungen zwischen dem Fernsehen in Polen und der DDR nachzeichnet und an fiktionalen wie dokumentarischen Programmbeispielen demonstriert. Darüber hinaus besteht ein produktiver Austausch mit Mari Pajala (University of Turku), die den televisionären Kulturtransfer zwischen der DDR und Finnland in den Blick nimmt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„Zwischen Adaption und Abwehr. Untersuchungen zu den Effekten des medialen Kulturtransfers am Beispiel des DDR-Fernsehens (1956-1991)“, in: Rundfunk und Geschichte 1-2/2012, S. 80-82
Richard Oehmig
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„Zwischen Kunst und Propaganda. Adaptierte DDR-Literatur im Fernsehen vor und nach 1989.“ Mit Henning Wrage. In: Peter Seibert (Hg.): Fernsehen als Medium der Literatur. Kassel 2012 (= Intervalle 13. Schriften zur Kulturforschung), S. 79-101
Beutelschmidt, Thomas
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„’Our World’ am 25. Juni 1967 – ein (fast) globales Fernsehereignis im Schatten internationaler Politik.“ In: Bösch, Frank/ Sabrow, Martin (Hg.): ZeitRäume. Potsdamer Almanach des Zentrums für Zeithistorische Forschung. Potsdam 2012, S. 57-72
Beutelschmidt, Thomas
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„A wonderful Friendship? Relations between Film and Television Production in the GDR.“ In: Iluminace 3 (91)/ 2013, S. 65-72
Beutelschmidt, Thomas
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„Grenzüberschreitung intern. Die Zusammenarbeit zwischen der DEFA und dem DDR- Fernsehen.“ In: Michael Wedel/ Skyler Arndt-Briggs/ Barton Byg/ Evan Torner/ Andy Räder (Hg.): DEFA international. Grenzüberschreitende Filmbeziehungen vor und nach dem Mauerbau. Wiesbaden 2013, S. 93-110
Beutelschmidt, Thomas
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„Grenzüberschreitungen. Internationaler Programmtransfer als transkulturelle Kommunikation zwischen West- und Osteuropa am Beispiel des DDR-Fernsehens.“ In: Rundfunk und Geschichte 3-4/ 2013, S. 73-82
Beutelschmidt, Thomas (unter Mitarbeit von Richard Oehmig und Yulia Yurtaeva)
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„Connected Enemies? Programming Transfer between East and West during the Cold War and the Example of East German Television.” In: View. Journal of European Television History & Culture 5/ 2014
Beutelschmidt, Thomas (mit Richard Oehmig)
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„Intervision. Searching for Traces“. In: VIEW. View. Journal of European Television History & Culture 5/ 2014
Yulia Yurtaeva
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„Programmaustausch zwischen Ost- und Westeuropa. Institutionelle Rahmenbedingungen von 1945 bis 1990“. In: Eichner, Susanne/Prommer, Elisabeth (Hg.): Fernsehen: Europäische Perspektiven (Festschrift Prof. Dr. Lothar Mikos). Konstanz 2014
Yulia Yurtaeva
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„No TV Without Film: Production Relations Between DEFA Studios and Deutscher Fernsehfunk”. S. 125-144, in: Lars Karl/Pavel Skopal (Hg.): Cinema in Service of the State: Perspectives on Film Culture in the GDR and Czechoslovakia, 1945-1960. (Reihe "Film Europa, 18"). Berghahn Books, 2015. 9781782389972 (E-Book)
Beutelschmidt, Thomas
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Song Contests in European TV during the Cold War. In: Aveyard, Karina, Moran, Albert and Majbritt Jensen, Pia, eds. (2016) New Patterns in Global Television Formats. University of Chicago Press. ISBN 9781783207121
Yulia Yurtaeva (mit Lothar Mikos)