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Innen- und Außen: Konstruktion und Symbolik von Grenz- und Schwellenräumen im mittelalterlichen Kloster
Antragsteller
Professor Dr. Gert Melville
Fachliche Zuordnung
Mittelalterliche Geschichte
Förderung
Förderung von 2011 bis 2016
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 190869271
Dieses Projekt untersucht, wie sich Zustände der Liminalität im klösterlichen Leben des Mittelalters räumlich entfalten. Dabei geht es aber nicht unmittelbar um die eine große, übergeordnete Liminalität, mit der sich das Kloster als Ganzes auch im Räumlichen als transzendenter Übergangs- und Exklusionsort zwischen Himmel und Erde zeigt. Vielmehr konzentriert es sich auf jene Klosterräume, in denen einerseits Grenzen zwischen säkularer und monastischer Welt aufeinandertreffen und andererseits „irdische“ und oft auch kritische Schwellenzustände in der vita religiosa reguliert werden müssen. Diese Räume werden einer systematischen Struktur- und Funktionsanalyse unterzogen. Vom anianischen Idealbild mönchischen Lebens ausgehend, werden Benediktinerabteien, cluniazensisch geprägte Klöster, Zisterzienserabteien und Häuser der eremitisch lebenden Karthäuser und Grandmontenser im Zeitraum vom 10. bis 13. Jahrhundert zum Vergleich herangezogen.Projektbereich A „Kontakt- und Grenzräume zwischen Kloster und Welt“ analysiert Abgrenzungsstrukturen im Randbereich der Klausur und zeigt, inwiefern die vergleichsweise peripheren Räume des Klosters Ordensidentität und Transzendenzansprüche der vita religiosa dargestellt haben. Der Aspekt klösterlicher Selbstrepräsentanz nach außen ist dabei von besonderem Interesse. Systematisch analysiert wird dieser Zusammenhang für die drei wichtigsten, zugleich aber auch neuralgischsten Kontaktzonen zur Welt: a) Klostermauern, Tore, Torkapellen; b) Gästeräume, Abtspaläste, Amtshäuser; c) Wirtschaftsräume, Werkstätten, Grangien.Projektbereich B „Konventsinterne Schwellenräume“ untersucht für innerklösterliche Räume, wie liminale Situationen dort strukturell und symbolisch verarbeitet werden. Von drei besonders kritischen Spannungsbereiche ausgehend wird solch eine Raumanalyse durchgeführt: a) Gehorsam vs. Ungehorsam: Karzer u.a. Sanktionsräume; b) Krankheit vs. Gesundheit: Infirmarien; c) Leben vs. Tod: Friedhöfe und Begräbnisräume. Dabei wird die Disposition dieser Räume in der Klosteranlage, deren bauliche Struktur und Ausstattung ebenso analysiert wie die Konstituierung dieser Räume im performativen Bezug.Beide Projektbereiche setzen damit an Räumen an, in denen der Transzendenzcharakter des Klosters als ein theoretisch aus der Welt herausgehobener Zeit-Raum besonders stark gefährdet ist –, in dem einen Fall durch Intrusion von außen, im anderen durch Störungen des Alltagsflusses von innen. Herausgearbeitet wird, wie die innere Ordnung des Klosters durch spatiale Mechanismen trotzdem symbolisch stets aufs Neue hergestellt werden kann.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen