Project Details
Projekt Print View

Individualisation and Control. A qualitative Inquiry in Primary Schools

Subject Area Education Systems and Educational Institutions
Term from 2010 to 2015
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 190798664
 
Final Report Year 2017

Final Report Abstract

Das Projekt war der praxeologischen Analyse individualisierten Unterrichts in der Grundschule gewidmet. Dieses Ziel wurde mittels intensiver Feldforschung in vier konstrastierenden Grundschulen mit jahrgangsübergreifenden Lerngruppen verfolgt. Die Ergebnisse der Analysen liegen in Form einer monographischen Darstellung vor. Individualisierter Unterricht ist konzeptionell und pragmatisch eng verknüpft mit der Maßgabe der „Selbständigkeit“ der Schülerinnen und Schüler in ihrem praktischen Tun. Die Tätigkeit des einzelnen Schülers muss so beschaffen sein, dass er dieser über längere Zeiträume weitgehend ohne die Hilfe der Lehrerin nachgehen kann. Dies wird überwiegend als Bearbeitung von Aufgaben und Abarbeitung von stark vorstrukturierten Lern-Materialien organisiert. Die beobachtbare Standardisierung der Schülertätigkeiten korrespondiert mit Problemen der Sinngebung und Legitimierung im individualisierten Unterricht. Ein Indiz für ein übergreifendes Handlungsproblem zeigt sich in dem über alle Untersuchungsfelder und Varianten der Individualisierung hinweg zu beobachtenden Gebrauch der Terminologie des „Arbeitens“. Es bedarf offenbar im alltäglichen Vollzug des dezentrierten Unterrichts einer gegenüber den diversifizierten Schülertätigkeiten notwendig abstrakten Bezugnahme, die zwischen legitimen und illegitimen Schülertätigkeiten unterscheidet. Auf Seiten der Schülerinnen und Schüler wurde ein weitgehend instrumentell-pragmatisches Verhältnis zu ihren unterrichtlichen Tätigkeiten beobachtet. Wenn man nach den Konsequenzen der skizzierten Organisation des individualisierten Unterrichts für die Art des (fachlichen) Lernens fragt, ergeben sich die folgenden Befunde: a) Aus der Delegation von Didaktik an Lern-Materialien im Zeichen der Orientierung an Selbständigkeit scheint der Vorrang praktischen Tuns vor kognitiven Anforderungen zu resultieren. Mit dem Primat des praktischen Tuns geht ein geringer Grad an Explikation und Verbalisierung des Lernens einher. b) Auch Lehrer-Schüler-Interaktionen, die als dyadische Lehr-Lern-Gespräche inmitten des dezentrierten Unterrichtsgeschehens stattfinden, sind überwiegend von spezifischen Formen der Standardisierung und Operationalisierung gekennzeichnet, insofern das Vermittlungshandeln unter erheblichem situativem Zeitund Bewährungsdruck steht. Der Standardisierung und potentiellen Trivialisierung von Inhalten entspricht ein Primat der Arbeitshaltung in Disziplinar- und Rückmeldepraktiken der Lehrkräfte. Auch so genannte „Selbsteinschätzungen“ der Schülerinnen und Schüler, die regelmäßig eingefordert werden, beziehen sich kaum auf inhaltliche Aspekte des Unterrichts, sondern auf persönliche Dispositionen wie Konzentrationsfähigkeit oder Anstrengungsbereitschaft.

Publications

  • (2012). Anstellen statt Melden – Die Warteschlange im individualisierten Unterricht. In F. Hellmich, S. Förster, & F. Hoya (Hrsg.), Bedingungen des Lehrens und Lernens in der Grundschule (S. 77–80). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften
    Breidenstein, G., Dorow, S., Menzel, C., & Rademacher, S.
  • (2012). Die „sanfte Tour“. Analysen von Schülerselbsteinschätzungen zum Zusammenhang von Individualisierung und Kontrolle. Sozialer Sinn, 13(1), 79–99
    Menzel, C., & Rademacher, S.
  • (2013). Arbeitswelten in der Grundschule. Praktiken der Individualisierung von Unterricht. Video-DVD. Institut für Visuelle Ethnographie Göttingen
    Mohn, B.-E., & Breidenstein, G.
  • (2013). Legitime und illegitime Differenzen im individualisierten Unterricht. Beobachtungen aus einer Montessori- Schule. In J. Budde (Hrsg.), Unscharfe Einsätze: (Re-)Produktion von Heterogenität im schulischen Feld (S. 153–167). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden
    Breidenstein, G., Menzel, C., & Rademacher, S.
  • (2013). Schulkinder zwischen Peer-Kultur und Unterrichtsanforderungen oder: Wortsymbole kleben in der Morgensonne. In E. Wannack, S. Bosshart, A. Eichenberger, M. Fuchs, E. Hardegger, & S. Marti (Hrsg.), 4- bis 12- Jährige - ihre schulischen und außerschulischen Lern- und Lebenswelten (S. 101– 116). Münster: Waxmann
    Breidenstein, G.
  • (2013). Vom Nutzen der Zeit. Beobachtungen und Analysen zum individualisierten Unterricht. Zeitschrift für Pädagogik, 59(3), 336–356
    Breidenstein, G., & Rademacher, S.
  • (2014). Die Individualisierung des Lernens unter den Bedingungen der Institution Schule. In B. Kopp, S. Martschinke, M. Munser-Kiefer, M. Haider, E.- M. Kirschhock, G. Ranger, & G. Renner (Hrsg.), Individuelle Förderung und Lernen in der Gemeinschaft (S. 35–50). Wiesbaden: Springer VS
    Breidenstein, G.
  • (2014). „Arbeitszeit ist zum Arbeiten da!“ Zur Arbeits- Terminologie im individualisierten Unterricht. Zeitschrift für Grundschulforschung, 7(2), 179–193
    Breidenstein, G., & Menzel, C.
    (See online at https://doi.org/10.1016/j.envpol.2016.01.023)
  • (2015). Arbeitsplätze. Beobachtungen und Analysen aus dem individualisierten Unterricht. In T. Alkemeyer, H. Kalthoff, & M. Rieger- Ladich (Hrsg.), Bildungspraxis Körper - Räume - Objekte (S. 159–181). Weilerswist: Velbrück Wissenschaft
    Breidenstein, G., & Dorow, S.
  • (2015). Vincent und die „Apotheke“ – oder: die Didaktik des Materials. Zeitschrift für interpretative Schul- und Unterrichtsforschung, 4(1), 15–30
    Breidenstein, G.
  • (2016). Individualisierung und Standardisierung von Unterrichtszeit. Empirische Beobachtungen und Analysen. In K. Rabenstein & B. Wischer (Hrsg.), Individualisierung schulischen Lernens: Mythos oder Königsweg? (S. 16–32). Seelze: Klett Kallmeyer
    Breidenstein, G., & Rademacher, S.
  • (2016). Lehren im Zwiegespräch – Eine Fallstudie zum individualisierten Unterricht. In A. Feindt, W. Herget, M. Trautmann, B. Wischer, & K. Zierer (Hrsg.), Lehren, Friedrich Jahresheft XXXIV (S. 105–107). Seelze: Friedrich Verlag
    Breidenstein, G., & Rademacher, S.
  • (2016). Zur Sache – Zum Fall. Eine kasuistische Analyse zur Aufgabenstruktur von Unterricht und zur Logik dyadischer Unterrichtsinteraktion. In Merle Hummrich, A. Hebenstreit, M. Hinrichsen, & M. Meier (Hrsg.), Was ist der Fall? Kasuistik und das Verstehen pädagogischen Handelns (S. 231–248). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden
    Rademacher, S.
  • (2017). Individualisierung und Kontrolle. Empirische Studien zum geöffneten Unterricht in der Grundschule. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften
    Breidenstein, G., & Rademacher, S.
 
 

Additional Information

Textvergrößerung und Kontrastanpassung