Rezente und historische Zugänge zur Ressource Wasser in der Region Himeji in West-Japan.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Abgesehen von der Tatsache, dass der untersuchte Gegenstand Bedeutung in der außerjapanischen Japanforschung trotz seiner grundlegenden Bedeutung kaum systematisch behandelt worden ist, lassen sich im Einzelnen folgende Bereiche hervorheben: 1) Weiträumigkeit und Interdependenz der Bewässerungssysteme Unsere Quellen zeigen ein komplexes Ausmaß an räumlicher Ausdehnung und Verwobenheit von Nutzungsrechten, das so bislang noch nicht beschrieben wurde („Bewässerungskontinuum“). 2) Häufigkeit der Ursachen von Konflikten in Zusammenhang mit Nutzwasser Die meisten Konflikte entspinnen sich um die Wasserentnahmestellen herum. Vieles deutet darauf hin, dass es sich bei der hier untersuchten Bewässerungsregion um ein Gebiet handelt, dessen agrarische Tragfähigkeit während der Edo- und Meiji-Zeit womöglich bereits überschritten war, weshalb oft Situationen extremer Wasserknappheit eintraten, welche die Akteure häufiger als anderswo zu drastischen Maßnahmen veranlasst haben. 3) Zeitlicher Wandel bei den Modi der Konfliktregulierung Interessant, auch da bisher kaum gestellt, war die Frage nach möglichen Veränderungen in der Art der Konfliktregulierung im Gefolge der beginnenden Modernisierung Japans nach der Meiji- Restauration. Insgesamt ergeben hier die ausgewerteten Quellen das Bild einer deutlichen Zäsur. 4) Besonderheiten der Teichbewässerung Mit dem intensiv untersuchten Stauteich Fukui-ōike stießen wir auf einen zwar aktuell nicht hervorstechend großen in der an Stauteichen reichen Region, der aber über eine besonders lange dokumentierte Geschichte verfügt, die bis in die Zeit der Herausbildung des antiken Zentralstaats im 8. Jahrhundert zurückweist. Auch zeigt sich hier ein Konflikttypus, der sich nach unserem Quellenbefund über einen Zeitraum von sage und schreibe acht Jahrhunderten (spätes 12. bis zweite Hälfte 20. Jh.) nachverfolgen lässt. Es handelt sich dabei um Konflikte wegen konkurrierender Bodennutzung, die in der gängigen Konflikttypologie nicht vorkommen. Hier kommt außerdem in besonderer Schärfe die Oberwasser-Unterwasserlogik zum tragen. 5) Lokale Autonomie In allen untersuchten Epochen lassen sich über die Grenzen von herrschaftlichen bzw. verwaltungstechnischen Einheiten hinweg starke autonome Strukturen der lokalen Gesellschaft nachweisen, die sich aus den Formen der Regelung von Konflikten ergeben. Obrigkeitliche Eingriffe in Konflikte können ihr Ausufern verhindern, nicht jedoch „lösen“, solange die Bewässerungswirtschaft eine Rolle spielt. Eine traditionelle Regelungsform ist der auf Verhandlungen zwischen Gleichen basierende Vertrag zwischen Dörfern und Dorfverbünden. Diese vielfältigen Vertragsbeziehungen haben die Gestaltung regionaler Politik mitgeprägt. Es gibt hinreichende Befunde, die die gängige Sicht der asiatischen Gemeinde in der vom agrarischen Wasserbau geprägten Gesellschaft konkreter zu bewerten und zu modifizieren erlauben. Einen interessanten Aspekt bildet dabei gewiss auch die lokale „Denkmalkultur“, die sich um die Wasserbaumaßnahmen und einschlägige Verträge entwickelt hat.