Visuelle und biographische Selbstdarstellung des geschlechtlichen Habitus bei männlichen Lehramtstudenten in untypischen Fächern
Final Report Abstract
Mittels narrativer Interviews wurden die biographischen Wege erforscht, die in das Lehramtsstudium führen. Ausgehend von den Ergebnissen der geschlechterpolarisierten Berufs- und Studienfachwahlen untersuchte das Projekt, welche biographischen Bildungsprozesse junge Männer in Fächer des ästhetisch-sprachlichen Bereichs führen. Kontrastierend befragt wurden 21 Studienfänger und Studienanfängerinnen, die das Fach Kunst bzw. das Fach Physik als Studienfach (Lehramt) gewählt haben. Um unbewusste körperlich-leiblichen Selbstinszenierungen, insbesondere die nicht bewussten, habitualisierten Formen, einzufangen, wurde das narrative Interview mit einer Fotoerhebung (Selbstdarstellung der Befragten) kombiniert. Methodisch wurde damit die Tragfähigkeit der Triangulierung von Interview- und Fotomaterial für die Biographieforschung erprobt. Für die methodisch gesicherte Erprobung der Triangulierung wurden die anonymisierte Auswertung der Interviews und Fotos bis zu einer ersten Typenbildung getrennt vorgenommen. Dadurch wurde die fundierte systematische Analyse der Text- und der Bildinterpretation gewährleistet und eine vorschnelle generalisierende Interpretation vermieden. Nach der Aufhebung der getrennten Analyse des Text- und Bildmaterials ergab sich eine überraschend hohe und so nicht erwartete Übereinstimmung der unabhängig voneinander gebildeten Typen, bis auf eine Ausnahme konnten alle Fälle einander eindeutig zugeordnet werden. Für die Triangulierungsproblematik ist es ein ermutigendes Ergebnis, dass sich biografische Themenzentren/ Habitualisierungen gleichermaßen im Interview und fotografischer Selbstdarstellung abbilden. Im Ergebnis zeigt eine Typenbildung Differenzen, die von Überanpassung an strukturelle Bedingungen und Familienaufträge über Anzeichen eines biographischen Aufbruchs bis zu biographischer Selbstbestimmung reichen. Während bei Typ A und B (ein männlicher Kunststudent) Motive des Getriebenwerdens zentral sind, steht Typ C (ein männlicher Kunststudent) in einem starken Spannungsverhältnis zwischen Anpassung und Selbstbestimmung. Typ D (alle übrigen männlichen Kunststudenten, kein Physikstudent) ist gekennzeichnet durch eine experimentelle, aktiv-reflexive und selbstbestimmte Haltung, als Erfahrungen werden hier Schule als positiver Erfahrungsraum und männliche Lehrervorbilder aus den künstlerischen Fächern signifikant, das eigene künstlerische Tun fungiert als Motor für ein neues biografisches Selbstverständnis. Im Bildmaterial als nicht-sprachlichem Medium werden die biographischen Bildungsprozesse sichtbar als körperlich-leibliche Einschreibungen und habitualisierte Entsprechungen der Biographie: Abwehr und Entfremdung vom Körper-Leib (Typen A/B) bzw. Dynamik und Bewegung im und mit dem eigenen Körper-Leib (Typ D).
Publications
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