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Elektrophysiologische Evidenz für den Einfluss kognitiver Kontrolle auf Wissenserwerb und Gedächtnisprozesse bei Kindern und Erwachsenen

Fachliche Zuordnung Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Förderung Förderung von 2010 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 188808856
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im vorliegenden Projekt wurde einerseits die Entwicklung von Gedächtnisfunktionen und andererseits die schrittweise Entwicklung von Fehlerdetektion und kognitiver Kontrolle untersucht. Mithilfe von Verhaltensdaten und ereigniskorrelierter EEG-Potenziale (EKPs) wurden fünf Altersgruppen zwischen 3 und 74 Jahren in einem kombinierten quer- und längsschnittlichen Design verglichen. Dabei ermöglichen es EKPs, neuronale Korrelate kognitiver Prozesse auch ohne explizit beobachtbares Verhalten, beispielsweise während der Gedächtnisenkodierung, mit hoher zeitlicher Auflösung zu untersuchen. Insgesamt wurden 418 EEG-Messungen an 200 Probanden aus 4 Altersgruppen durchgeführt (junge Erwachsene, ältere Erwachsene, Zweitklässler und Fünftklässler). Um zu vergleichen, welche Rolle intraindividuelle Unterschiede in der Entwicklung dieser kognitiven Prozesse spielen, wurden nach 2 Jahren insgesamt 44 Kinder (zu diesem Zeitpunkt in der vierten bzw. siebten Klasse) nochmals untersucht (längsschnittlicher Ansatz). Grundsätzlich war mit Hilfe neuronaler Korrelate zu beobachten, dass die Altersgruppen auch bei sehr ähnlicher Leistung zum Teil verschiedene kognitive Prozesse zur Aufgabenbearbeitung nutzen. Dieser Befund unterstreicht, wie nützlich es ist, zusätzlich zu Verhaltensdaten zur Charakterisierung kognitiver Entwicklungsverläufe neuronale Maße zu nutzen. Andererseits wurden ebenfalls ähnliche neuronale Korrelate kognitiver Teilprozesse in allen untersuchten Altersgruppen beobachtet. Dieses Ergebnismuster unterstreicht die relative Stabilität ausgewählter kognitiver Prozesse, v.a. auf Grundlage von Hirnstrukturen, die bereits früh eine funktionelle Reifung aufweisen. Wie vorhergesagt, konnte in den vorliegenden Untersuchungen gezeigt werden, dass Kinder bereits ab 7 Jahren in der Lage sind, Fehler unmittelbar nach einer Antwort zu detektieren. Allerdings ist erst mit steigengendem Lebensalter eine Ausdifferenzierung dieses Konfliktsignals (z.B. für richtige Antworten mit hoher vs. niedriger Schwierigkeit) zu beobachten. Dieses abgestufte Konfliktsignal kann von jungen Erwachsenen dazu genutzt werden, die tatsächlich aufgewendete kognitive Kontrolle effizient an die jeweilige Aufgabe (z.B. häufige vs. seltene inkongruente Stimuli) anzupassen. Bei älteren Erwachsenen ist das Konfliktsignal für Fehler auf Grund von unvollständiger Vorbereitung besonders ausgeprägt In Bezug auf episodisches Gedächtnis konnten wir in den vorliegenden Untersuchungen nachweisen, dass alle Altersgruppen zum Abruf detaillierter Iteminformation Rekollektion nutzen. Zusätzlich nutzen junge Erwachsene Vertrautheit, und zwar unabhängig vom perzeptuellen Format der Stimuli. Dieser Prozess wurde bei Kindern nur bei hoher Gedächtnisleistung und perzeptueller Wiederholung beobachtet. Ein weiterer, bisher nicht näher untersuchter Aspekt, betrifft den spontanen Aufmerksamkeitsfokus während der Gedächtnisenkodierung. Erst ab etwa 10 Jahren passen Kinder und Erwachsene ihre kognitiven Prozesse während der Enkodierung qualitativ an, sobald sie erfahren, dass ein Gedächtnistest folgt (intentionale Enkodierung). Wie vorhergesagt erlaubt ein spontaner Fokus auf perzeptuelle Itemmerkmale jüngeren Kindern, auch nach einer inzidentellen Enkodierung perzeptuelle Details abzurufen. Im Gegensatz dazu können Erwachsene perzeptuelle Details nur dann abrufen, wenn sie intentional enkodieren und wissen, welche Merkmale für den späteren Gedächtnistest relevant sind. Weitere Ergebnisse zur Interaktion von kognitiver Kontrolle und episodischen Gedächtnis und zur längsschnittlichen Entwicklung beider Funktionen werden zur Zeit ausgewertet.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2014). Conflict monitoring across the life span: How to tell right from wrong and act accordingly [special issue: "Electrophysiology of cognitive aging"]. Journal of Psychophysiology. 28, 124-135
    Czernochowski, D.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1027/0269-8803/a000120)
  • (2015). ERPs dissociate proactive and reactive control: Evidence from a task-switching paradigm with informative and uninformative cues. Cognitive, Affective, & Behavioral Neuroscience. 15 (1), 117-131
    Czernochowski, D.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3758/s13415-014-0302-y)
  • (2015). Sometimes we have to intentionally focus on the details: Incidental encoding and perceptual change decrease recognition memory performance and the ERP correlate of recollection. Brain and Cognition, 96, 1-11
    Haese, A. & Czernochowski, D.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.bandc.2015.02.003)
 
 

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