Bibliothek Reinhart Koselleck: Provenienz- und Sammlungserschließung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem abgeschlossenen Projekt wurde die Bibliothek von Reinhart Koselleck im Online-Katalog des Deutschen Literaturarchivs Marbach verzeichnet. Im Jahr 2008 haben das Deutsche Literaturarchiv Marbach und das Bildarchiv Foto Marburg den umfangreichen Nachlass des Bielefelder Historikers Reinhart Koselleck (1923 - 2006) erworben, darunter den Kern seiner Arbeitsbibliothek, 10.607 Exemplare. Diese tragen die vielfältigen und zahlreichen Evidenzen einer Gelehrtenbibliothek: Widmungen, Anstreichungen und Randbemerkungen sowie eingelegte Manuskripte, Briefe, Zeitungsausschnitte. Der Hauptteil von 9.439 Exemplaren wird in Marbach aufbewahrt, Kosellecks Bücher zur politischen Ikonographie, Hippologie und Kunst in Marburg (1.168 Bände). Reinhart Koselleck ist einer der bedeutendsten deutschen Historiker und Geschichtstheoretiker des 20. Jahrhunderts. Sein umfangreiches Werk hat sich über ein halbes Jahrhundert hin entwickelt und die internationale Geschichtswissenschaft geprägt. In Deutschland gehört er zu den Begründern der modernen Geschichtstheorie, der methodologischen Kombination von Sozialund Begriffsgeschichte. Zu seinen akademischen Lehrern zählten Werner Conze, Hans-Georg Gadamer, Karl Löwith, Carl Schmitt und Alfred Weber. Sein umfangreicher Nachlass und seine Arbeitsbibliothek fügen sich im DLA Marbach in ein umfassendes thematisches und persönliches Netzwerk ein, zu dem etwa die Bestände von Martin Heidegger, Karl Jaspers, Karl Löwith, Hans-Georg Gadamer, Hans Blumenberg, aber auch von Siegfried Kracauer und Norbert Elias gehören, außerdem der Bestand der Forschungsgruppe „Poetik und Hermeneutik“, deren Mitglied Koselleck war. Die lebenslang aufgebaute Privatbibliothek Kosellecks weist intensive Benutzungsspuren auf, gewährt Einblick in seine Wissens- und Interessengebiete sowie die Methodik seiner wissenschaftlichen Arbeit. Sie war eine wesentliche Voraussetzung für das Entstehen seiner Ideen und Werke. Inhaltlich ist die Bibliothek breit gefächert: Theorie der Geschichte, Geschichte der Geschichtsschreibung, Kultur- und Wissenschaftsgeschichte, Philosophie, politische Theorie, Rechts- und Verfassungsgeschichte und Soziologie sind stark vertreten. Daneben finden sich Werke der Weltliteratur, der Sprach- und Literaturwissenschaft, Theologie und Kirchengeschichte, Anthropologie, Ethnologie, Sozialpsychologie und Psychologie. Die Bibliothek Koselleck repräsentiert den Typus einer planvoll aufgebauten Gelehrtenbibliothek des 20. Jahrhunderts, die nicht nur Fachliteratur enthält, sondern universal konzipiert ist. Sie ist die umfangreichste und vielseitigste Gelehrtenbibliothek des Deutschen Literaturarchivs. Kernstück der Bibliothek Koselleck sind die 9.439 im DLA archivierten Provenienzexemplare, welche fast ausnahmslos Widmungen und Lesespuren wie Marginalien, Notizen oder Einlagen aufweisen. Weiterhin sind im Bildarchiv Foto Marburg 1.168 Bände zur politischen Ikonographie, Hippologie und Kunst überliefert, die ebenfalls charakteristische Hervorhebungen von Kosellecks Hand enthalten und von seiner Lektürepraxis und seinen Aneignungsprozessen zeugen. Ziel und Ergebnis des Projektes war die Formal- und Provenienzerschließung der Marbacher und Marburger Bibliothek Koselleck, also die Katalogisierung der mehr als 10.600 Exemplare und die Dokumentation der in ihnen enthaltenen Benutzungsspuren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Die ungeheure Zeit - Fernand Braudels Das Mittelmeer und die mediterane Welt in der Epoche Philipps II. [Ausstellungstext zu drei Bänden aus der Bibliothek von Reinhart Koselleck]. In: Kassiber : verbotenes Schreiben. Marbach am Neckar 2012, S. 133 - 135
Raulff, Ulrich
-
Von Köln nach Rom - eine „Fotohexerei“ : Einblicke in Reinhart Kosellecks Bildarchiv. [Ausstellungstext zu Kosellecks Zettelkästen]. In: Zettelkästen : Maschinen der Phantasie. Marbach 2013
Markantonatos, Adriana