Auswirkungen der medizinischen Erstversorgung auf akute und posttraumatische Belastungssymptome nach moderaten Unfällen
Final Report Abstract
Akute und posttraumatische Störungsbilder umfassen persistierende dissoziative und kognitive Symptome wie Depersonalisationsphänomene, veränderte Wahrnehmung, intrusives Wiedererleben des traumatischen Ereignisses und Flashbacks. Das Phenzyklidinderivat Ketamin übt einen dosisabhängigen Einfluss auf kognitive Funktionen aus und provoziert transiente psychomimetische Begleitsymptome. Visuelle Halluzinationen, Out-of-body-Phänomene sowie delirante Aufwachreaktionen wurden oftmals bei gesunden Probanden nach der Substanzapplikation berichtet. Als neurobiologisches Korrelat dieser behavioralen Symptomatik werden in Studien zur Posttraumatischen Belastungsstörung und in Forschungsberichten zur Wirkung von Ketamin, hyperglutamaterge Aktivierungszustände in präfrontalen Kortexarealen diskutiert. Demzufolge lassen sich Parallelen zwischen den Effekten von extremem Stress und der Wirkung des NMDA-Rezeptor-Antagonisten Ketamin vermuten, die die Beteiligung des gleichen neurobiologischen Substrats nahe legen. Ketamin wird aufgrund seiner analgetischen und sedativen Potenz bei der notfallmedizinischen Erstversorgung verunfallter Patienten häufig eingesetzt. In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss einer einmaligen peritraumatisch applizierten Schmerzmedikation auf die Entstehung und den Verlauf von posttraumatischen Belastungssymptomen an einer Stichprobe von Unfallopfern untersucht. Neben einer verstärkten psychischen Symptombelastung ließen sich auch beeinträchtigte kognitive Funktionen und eine erhöhte Aktivität der hormonellen Stressachse in der mit Ketamin behandelten Patientengruppe finden. Die Ergebnisse der follow-up Messungen deuten auf die zeitliche Stabilität dieser substanzinduzierten oder -verstärkten Auffälligkeiten in den psychologischen Maßen, neurokognitiven Funktionsbereichen und endokrinen Profilverläufen hin. Mit den Befunden dieser Arbeit liegen erste empirische Hinweise dafür vor, dass zwischen den klinischen Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung und den psychomimetischen Effekten eines NMDA-Rezeptor-Antagonisten nicht nur Parallelen bestehen, die auf ein gemeinsames neurobiologisches Substrat dieser Symptome schließen lassen, sondern dass die Substanzgabe in der akuten Stressphase nach einem Unfallereignis zur direkten Verstärkung posttraumatischer Belastungsreaktionen auf allen Symptomebenen führen könnte. Dieser Befund unterstreicht die herausragende Bedeutung glutamaterger Mechanismen In der Ätiologie posttraumatischer Belastungsstörungen und hat Implikationen für die weitere psychotraumatologlsche Unfallforschung und Patientenversorgung.
Publications
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