Morphologisch-systematische und funktionsmorphologische Analyse interner Schädelstrukturen bei Leporidae (Lagomorpha, Mammalia)
Final Report Abstract
Im vorliegenden Projekt sollten das Riechmuschelskelett und das Innenohr der Lagomorpha unter vergleichend-morphologischen, phylogenetischen und funktionsmorphologischen Gesichtspunkten mittels µCT an mazerierten Schädel untersucht werden. Daraus hervorgegangen ist eine bis dato einzigartige Datenmatrix, die fast 30 Arten der beiden rezenten Familien Ochotonidae und Leporidae umfasst. Nur wenige Säugerordnungen sind bisher in Bezug auf die hier untersuchten Strukturen so detailliert untersucht worden. Die Daten liegen als µCT-Bilderstapel sowie als virtuelle 3D-Modelle der Turbinalia, Gehörknöchelchen und des knöchernen Labyrinths vor. Zusätzlich wurden von drei Arten, die beide Familien repräsentieren, histologische Schnittserien verschiedener perinataler Ontogenesestadien in die Studie miteinbezogen. Die vergleichend-morphologischen Analysen zeigen, dass in allen drei untersuchten Organsystemen (Turbinalia, Mittel- und Innenohr) signifikante Unterschiede zwischen den Ochotonidae und Leporidae auftreten, die sowohl von systematischem Wert sind als auch funktionsmorphologisch interpretiert werden können. Innerhalb der Leporidae tritt eine deutlich Diversität in der Anzahl der Riechmuscheln oder auch in der Morphologie des knöchernen Labyrinths auf, die zumeist art- oder gattungsspezifisch ist. So lässt sich die Komplexität der Turbinalia bei einigen Arten mit dem Lebensraum korrelieren. Insbesondere am Innenohr zeigt sich ein funktionsmorphologischer Zusammenhang mit der Lokomotion. So weisen saltatorische Leporiden deutlich größere und dünnere Bogengänge mit einer auffallend ausgeprägten Kurvatur des vorderen Bogengangs auf als nicht-hüpfende Hasen und Pfeifhasen. Die statistische Analyse der Morphometrie des Innenohres ist noch nicht abgeschlossen, lässt aber auf signifikante Ergebnisse hoffen, die die unterschiedlichen Lokomotionstypen innerhalb der Lagomorpha herausarbeiten. Am Mittelohr konnten zwei Merkmalskomplexe (Morphologie der Bulla tympanica und rostrale Verankerung des Malleus) detailliert untersucht werden, die von funktioneller und systematischer Bedeutung sind und den Schluß nahe legen, dass sich innerhalb der Lagomorpha unterschiedliche Anpassungen an das Hören tieferer Frequenzen entwickelt haben, die teils familienspezifisch sind. Eine phylogenetische Analyse soll zum Schluß aus sämtlichen erarbeiteten Merkmalen aller drei Organsysteme erfolgen. Die Ergebnisse des vorliegenden Projekts stellen eine wichtige Datengrundlage für zukünftige vergleichbare Untersuchungen an anderen Säugerordnungen dar. Einen besonderen Stellenwert haben die Ergebnisse jedoch für fossile Lagomorpha und deren Vorfahren. Hier eröffnet sich erstmals die Möglichkeit, fossile Taxa anhand der Nasen- und Ohrregion auf fundierter Vergleichsbasis im Hinblick auf Anpassungen an eine spezifische Lebensweise und den entsprechenden Lebensraum zu untersuchen. Somit können sich völlig neue Einblicke in die Evolution dieser faszinierenden Säugerordnung ergeben.
Publications
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(See online at https://doi.org/10.1002/ar.23027) - Im Schatten der Dinosaurier? – Die Evolution der Säugetiere im Mesozoikum. In: Maier, W. & Werneburg, I. (eds.), Schlüsselereignisse der organismischen Makroevolution. Scidinge Hall Verlag Zürich, 2014. S. 333-360, Kap. 11. ISBN 978-3-905923-15-5
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