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Genetic disorders in Arab societies of Israel and the Palestinian Authority

Fachliche Zuordnung Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung Förderung von 2011 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 182143238
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Prävalenz erblicher Erkrankungen ist in den arabischen Gesellschaften des Nahen Ostens aufgrund der hohen Rate von Ehen und Blutsverwandten hoch. Aufgrund des eingeschränkten Zugangs zu spezialisierter medizinischer Versorgung erhalten viele Patienten keine genetische Diagnose und können daher weder eine genetische Beratung in Anspruch nehmen noch spezifisch behandelt werden. In diesem trilateralen Projekt haben wir 115 arabische Familien mit 832 Familienmitgliedern aus Nordisrael und Palestina mit neurologischen oder ophthalmologischen Erkrankungen untersucht. Von 115 rekrutierten Familien waren für 104 Familien klinische Daten und DNA in hinreichender Qualität für umfassende genetische Untersuchungen verfügbar. In der ersten Förderperiode (2011-2013) beinhaltete die genetische Charakterisierung einen mehrstufigen Ansatz mit Homozygotiekartierung durch ein SNP-Array zur Identifizierung von Kandidatengenregionen, gefolgt von einer Kandidatengenanalyse mittels Sanger-Sequenzierung oder Gen-Panels für spezifische Erkrankungsgruppen. Erst nach Ausschluss aller bekannten Krankheitsgene wurde im dritten Schritt eine Exom-Sequenzierung durchgeführt. Die rasanten Fortschritte bei Hochdurchsatz-Sequenzierungstechniken und der bioinformatische Aufarbeitung großer Sequenzierungsdatensätze ermöglichten es uns, in der zweiten Förderperiode (2014 - 2019) einen exome-first-Ansatz anzuwenden. Mit der skizierten genetischen Strategie konnte in 60% der Familien (62/104 Familien) eine eindeutige oder höchstwahrscheinliche genetische Diagnose gestellt werden mit einer noch höheren Auflösungsrate in ophthalmologischen Fällen (100%, 19/19 Familien) als in Familien mit neurologischen Erkrankungen (50%, 43/85 Familien). Etliche Familien mit Mutationen in bekannten Krankheitsgenen zeigten klinische Merkmale, die für die jeweilige Krankheit zuvor nicht beschrieben waren und trugen so zu einer besseren Erkennung der Krankheit durch eine Erweiterungen des phänotypischen Spektrums bei. In vier unserer neurologischen Familien konnten wir eine genetische Erkrankung mit therapeutischen Optionen diagnostizieren, die sich höchstwahrscheinlich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken wird. Von Bedeutung ist auch, dass wir mit unseren Untersuchungen in zwei palästinensischen Familien widerlegen konnten, das ein publiziertes Krankheitsgen (STYXL1) eine geistige Behinderung, Epilepsie und komplexe Verhaltensstörung hervorruft. Dieser "negative" Befund wurde auch durch die gründliche Analyse internationaler Genbanken bestätigt und hat wichtige Implikationen für die genetische Beratung. Unser Untersuchungsansatz hat sich auch für die Entdeckung neuer Gene bewährt. Bereits in der ersten Förderperiode konnten autosomal rezessive Mutationen im AP4B1-Gen identifiziert werden, die eine hereditäre spastische Spinalparalyse vom Typ 47 (SPG47) verursachen. Auch konnten wir zeigen, dass das WWOX-Gen für eine autosomal rezessive rezessive Ataxie mit Epilepsie und mentaler Retardierung verantwortlich ist. In der zweiten Förderperiode haben wir PAX7 als neue genetische Ursache einer Myopathie nachgewiesen, die durch Störung der Satellitenzellfunktion und Regeneration der Skelettmuskulatur hervorgerufen wird. Bei einer Familie mit rezessiv vererbtem infantilem Nystagmus und fovealer Hypoplasie konnte erstmals eine Mutation im AHR als Ursache nachgewiesen werden. In etwa der Hälfte der Familien mit neurologischen Erkrankungen konnte bisher keine molekulare Diagnose gestellt werden. Dies deutet entweder auf eine große Anzahl noch unentdeckter Gene hin oder auf noch nicht erkannte Mutationen in bekannten Genen hin, z.B. in nicht kodierenden Bereichen der DNA. Diesbezüglich entdeckten wir intronische hypomorphe Mutationen im POLR3A- Gen, die eine hereditäre spastische Ataxie als neuen POLR3A-Phänotyp verursachen. Dies inspiriert uns, eine vollständige Genomsequenzierung in Kombination mit Untersuchungen des Transkriptoms zur Analyse tief intronischer Varianten anzustreben, als nächsten Schritt zur Lösung von Familien die noch ohne molekulare Diagnose sind.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019) A novel biallelic loss-of-function mutation in TMCO1 gene confirming and expanding the phenotype spectrum of cerebro-facio-thoracic dysplasia. American journal of medical genetics. Part A 179 (7) 1338–1345
    Sharkia, Rajech; Zalan, Abdelnaser; Jabareen-Masri, Azhar; Hengel, Holger; Schöls, Ludger; Kessel, Amit; Azem, Abdussalam; Mahajnah, Muhammad
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/ajmg.a.61168)
  • (2019) Biallelic variants in the transcription factor PAX7 are a new genetic cause of myopathy. Genetics in medicine : official journal of the American College of Medical Genetics 21 (11) 2521–2531
    Feichtinger, René G.; Mucha, Bettina E.; Hengel, Holger; Orfi, Zakaria; Makowski, Christine; Dort, Junio; D'Anjou, Guy; Nguyen, Thi Tuyet Mai; Buchert, Rebecca; Juenger, Hendrik; Freisinger, Peter; Baumeister, Sarah; Schoser, Benedikt; Ahting, Uwe; Keimer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41436-019-0532-z)
  • (2019) Homozygous stop mutation in AHR causes autosomal recessive foveal hypoplasia and infantile nystagmus. Brain : a journal of neurology 142 (6) 1528–1534
    Mayer, Anja K.; Mahajnah, Muhammad; Thomas, Mervyn G.; Cohen, Yuval; Habib, Adib; Schulze, Martin; Maconachie, Gail D. E.; AlMoallem, Basamat; Baere, Elfride de; Lorenz, Birgit; Traboulsi, Elias I.; Kohl, Susanne; Azem, Abdussalam; Bauer, Peter; Gottlob,
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/brain/awz098)
  • (2012) Mutation in the AP4B1 gene cause hereditary spastic paraplegia type 47 (SPG47). Neurogenetics 13:73-76
    Bauer P, Leshinsky-Silver E, Blumkin L, Schlipf N, Schröder C, Schicks J, Lev D, Riess O, Lerman-Sagie T, Schöls L
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10048-012-0314-0)
  • (2013) Comparative screening of FMF mutations in various communities of the Israeli society. Eur J Med Genet 56:351-355
    Sharkia R, Mahajnah M, Zalan A, Athamna M, Azem A, Badarneh K, Faris F
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.ejmg.2013.04.002)
  • (2014) Homozygosity mapping reveals new nonsense mutation in the FAM161A gene causing autosomal recessive retinitis pigmentosa in a Palestinian family. Molecular Vision 20: 178-182
    Zobor D, Balousha G, Baumann B, Wissinger B
  • (2014) Sanfilippo type A: new clinical manifestations and neuro-imaging findings in patients from the same family in Israel: a case report. J Med Case Rep 8:78
    Sharkia R, Mahajnah M, Zalan A, Sourlis C, Bauer P, Schöls L
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1186/1752-1947-8-78)
  • (2014) The tumour suppressor gene WWOX is mutated in autosomal recessive cerebellar ataxia with epilepsy and mental retardation. Brain 137:411-419
    Mallaret M, Synofzik M, Lee J, Sagum CA, Mahajnah M, Sharkia R, Drouot N, Renaud M, Klein FA, Anheim M, Tranchant C, Mignot C, Mandel JL, Bedford M, Bauer P, Salih MA, Schüle R, Schöls L, Aldaz CM, Koenig M
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/brain/awt338)
  • (2015) Novel homozygous large deletion including the 5’ part of the SPATA7 gene in a consanguineous Israeli Muslim Arab family. Molecular Vision 21: 306-315
    Mayer AK, Mahajnah M, Zobor D, Bonin M, Sharkia R, Wissinger B
  • (2016) Effects of a mutation in the HSPE1 gene encoding the mitochondrial co-chaperonin HSP10 and its potential association with a neurological and developmental disorder. Front Mol Biosc 3:65
    Bie AS, Fernandez-Guerra P, Birkler R, Nisemblat S, Pelnena D, Lu X, Deignan JL, Lee H, Dorrani N, Corydon TJ, Palmfeldt J, Bivina L, Azem A, Herman K, Bross P
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fmolb.2016.00065)
  • (2016) Parental mosaicism in another case of Dravet syndrome caused by a novel SCN1A deletion: a case report. J Med Case Rep 10:67
    Sharkia R, Hengel H, Schöls L, Athamna M, Bauer P, Mahajnah M
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1186/s13256-016-0854-2)
  • (2017) CNTNAP1 mutations cause CNS hypomyelination and neuropathy with or without arthrogryposis. Neurology Genetics 3:e144
    Hengel H, Magee A, Mahanjah M, Vallat JM, Ouvrier R, Abu-Rashid M, Mahamid J, Schüle R, Schulze M, Krageloh-Mann I, Bauer P, Zuchner S, Sharkia R, Schöls L
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1212/NXG.0000000000000144)
  • (2017) Homozygous mutation in PTRH2 gene causes progressive sensorineural deafness and peripheral neuropathy. Am J Med Genet A 173,1051-1055
    Sharkia R, Shalev SA, Zalan A, Marom-David M, Watemberg N, Urquhart JE, Daly SB, Bhaskar SS, Williams SG, Newman WG, Spiegel R, Azem A, Elpeleg O, Mahajnah M
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/ajmg.a.38140)
  • (2017) Hypomorphic mutations in POLR3A are a frequent cause of sporadic and recessive spastic ataxia. Brain 140:1561-1578
    Minnerop M, Kurzwelly D, Wagner H, Soehn AS, Reichbauer J, Tao F, Rattay TW, Peitz M, Rehbach K, Giorgetti A, Pyle A, Thiele H, Altmuller J, Timmann D, Karaca I, Lennarz M, Baets J, Hengel H, Synofzik M, Atasu B, Feely S, Kennerson M, Stendel C, Lindig T, Gonzalez MA, Stirnberg R, Sturm M, Roeske S, Jung J, Bauer P, Lohmann E, Herms S, Heilmann-Heimbach S, Nicholson G, Mahanjah M, Sharkia R, Carloni P, Brustle O, Klopstock T, Mathews KD, Shy ME, de Jonghe P, Chinnery PF, Horvath R, Kohlhase J, Schmitt I, Wolf M, Greschus S, Amunts K, Maier W, Schöls L, Nürnberg P, Züchner S, Klockgether T, Ramirez A, Schüle R
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/brain/awx095)
  • (2018) A previously identified missense mutation in STYXL1 is likely benign. Eur J Med Genet
    Hengel H, Schelling Y, Keimer R, Deigendesch W, Bauer P, Schöls L
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.ejmg.2018.11.016)
  • (2018) GPT2 mutations cause developmental encephalopathy with microcephaly and features of complicated hereditary spastic paraplegia. Clinical Genetics 94:356-361
    Hengel H, Keimer R, Deigendesch W, Riess A, Marzouqa H, Zaidan J, Bauer P, Schöls L
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/cge.13390)
  • (2019) A novel variant of the human mitochondrial DnaJ protein, Tid1, associates with a human disease exhibiting developmental delay and polyneuropathy. Eur J Hum Genet
    Patra M, Weiss C, Abu-Libdeh B, Ashhab M, Abuzer S, Elpeleg O, Mahajnah M, Kessel A, Azem A
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41431-019-0358-9)
  • (2019) Clinical, radiological, and genetic characteristics of 16 patients with ACO2 gene defects: Delineation of an emerging neurometabolic syndrome. J Inherit Metab Dis 42:264-275
    Sharkia R, Wierenga KJ, Kessel A, Azem A, Bertini E, Carrozzo R, Torraco A, Goffrini P, Ceccatelli Berti C, McCormick ME, Plecko B, Klein A, Abela L, Hengel H, Schöls L, Shalev S, Khayat M, Mahajnah M, Spiegel R
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/jimd.12022)
 
 

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