Die Rolle entwicklungsbedingter Änderungen von Aktivität und Kalzium-Einstrom für Dendritenplastizität und Synaptogenese in Drosophila
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die dendritische Struktur von Neuronen beeinflusst zwei fundamental wichtige Aspekte der Funktion von Nervensystemen: erstens sind Dendriten die Orte der synaptischen Eingänge in Neurone. Zweitens beeinflusst die Architektur eines Dendriten, wie die vielen tausende postsynaptische Ströme in einem Neuron verrechnet werden. Somit ist korrekte dendritische Struktur entscheidend für gesunde Gehirnfunktion, und tatsächlich ist bei vielen neurodegenerativen Krankheiten dendritische Struktur im Gehirn betroffen. Dieses Projekt bedient sich der experimentellen Vorteile des genetischen Modellsystems, Drosophila melanogaster, um aktivitätsabhängige Mechanismen zu entdecken, die dendritische Struktur während der Entwicklung des Nervensystems regulieren. Im ersten Schritt konnte mit Hilfe der gezielten genetischen Manipulationen einzelner identifizierter Motorneurone deren Aktivität in vivo während der normalen Entwicklung entweder erhöht oder verringert werden. Anschließend wurden diese Neurone dann intrazellulär gefärbt, mit konfokaler Laser Scanning Mikroskopie aufgenommen, und die 3-dimensionale Dendriten-Struktur quantitative ausgewertet. Dabei stellte sich heraus, dass sowohl erhöhte, als auch verminderte Aktivität in vivo zu dendritischen Veränderungen führen, beide aber fundamental andere Aspekte des Dendriten-Wachstums betreffen (Duch et al., 2008). Dabei führt erhöhte Aktivität zum vermehrten Ausbilden neuer Dendritenverzweigungen. Der nächste Schritt war die Analyse der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen. Mit Hilfe von gezielten genetischen Manipulationen, neu hergestellter Fluoreszenz Reporter, live cell imaging und quantitativer Bilddatenanalyse konnte gezeigt werden, dass Kalzium Einstrom durch Dα7 nikotinische Azetylcholin-Rezeptoren über einen CaMKII abhängigen Mechanismus zur Aktivierung des Transkriptionsfaktors AP1 führt, was dann wiederum zum Vermehrten Ausbilden neuer Verzweigungen führt. Dabei werden Aktivität, Kalzium Einstrom, und AP1-abhängige Transkription während der Entwicklung in vivo durch die genau getimte Expression der nikotinischen Azetylcholin-Rezeptoren kontrolliert (Vonhoff et al., 2013). Weitere Untersuchungen beschäftigen sich jetzt mit den Ziel-Genen von AP1 (fos-Jun Heterodimer), die direkten Einfluss auf das Dendritenwachstum nehmen. Zusätzlich zu globalen transkriptions-abhängigen Effekten von Aktivität auf den gesamten Dendriten haben wir auch Hinweise auf lokale Effekte durch synaptische Eingänge nachweisen können. Hierzu haben wir zunächst die Verteilungen von inhibitorischen GABAergen und exzitatorischen cholinergen Synapsen auf den komplexen 3-dimensionalen Dendriten identifizierter Neurone analysiert. Beide Synapsen-Klassen werden auf unterschiedliche Sub-Kompartimente der analysierten Motorneuronen verteilt (Kühn, Duch, 2013). Gezielte Manipulation nur einer Synapsen-Art führt in einem Transkriptions-unabhängigen Prozess zu lokalen Änderungen der Dendriten-Struktur Somit hat dieses Projekt neue molekulare Mechanismen zur aktivitätsabhängigen Kontrolle der korrekten Entwicklung der Dendriten zentraler Neurone entschlüsselt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2008). Dendrite elongation and dendritic branching are affected separately by different forms of intrinsic motoneuron excitability. J Neurophysiol. 100(5):2525-36
Duch C, Vonhoff F, Ryglewski S
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Developmental changes in dendritic shape and synapse location tune single-neuron computations to changing behavioral functions. Journal of Neurophysiology, Vol.102. 2009,no.1, pp. 41-58.
Meseke M, Evers JF, Duch C.
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Putative excitatory and putative inhibitory inputs are localised in different dendritic domains in a Drosophila flight motoneuron. Eur J Neurosci
Kühn C, Duch C
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Temporal coherency between receptor expression, neural activity and AP-1-dependent transcription regulates Drosophila motoneuron dendrite development. Development, Vol. 140. 2013, pp. 606-616.
Vonhoff F, Kühn C, Blumenstock S, Sanyal S, Duch C.