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Mathematisch, gießtechnische Optimierung der Verrippung großer Umformwerkzeuge

Fachliche Zuordnung Thermodynamik und Kinetik sowie Eigenschaften der Phasen und Gefüge von Werkstoffen
Förderung Förderung von 2006 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 17116943
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Durch den Einsatz moderner Topologieoptimierungssoftware ist es heute möglich, Bauteile belastungsgerechter auszulegen. In dem bearbeiteten Forschungsprojekt wurde eine prototypische Topologieoptimierungssoftware auf Basis von Quellcodes entwickelt, welche auf aktuellen Rechnersystemen lauffähig sind. Durch das zugrundeliegende SIMP-Modell (solid isotropic material with penalisation) wird die Topologie eines Bauteiles ermittelt. Dies geschieht durch die iterative Optimierung einer relativen Dichteverteilung, welche zu minimaler Nachgiebigkeit führt. Elemente können dabei Dichten im Wertebereich [0,1] aufweisen. Durch einen Strafterm (penalisation) werden die Nachgiebigkeiten von Elementen mit relativ kleinen Dichten überproportional erhöht und letztlich als materialfreie Zonen aufgefasst. Weiter wurde der Algorithmus um die als Entformungsrichtung bezeichnete Nebenbedingung sowie eine neue Glättung erweitert. Abstrahierte Werkzeuggeometrien wiesen nach der Optimierung mit dem entwickelten Algorithmus in der Computersimulation deutlich günstigere Steifigkeitseigenschaften auf, als konventionell verrippte Vergleichsbauteile. Die günstigen mechanischen Eigenschaften werden unter Umständen durch das Auftreten thermischer Eigenspannungen bei realen Gussbauteilen jedoch reduziert, was in bisherigen Topologieoptimierungsprogrammen keine Berücksichtigung findet, bzw. nur mit hohem rechnerischem und zeitlichem Aufwand mitbeachtet werden kann. Um diese mechanisch-gießtechnischen Einflüsse in der Optimierungsrechnung mit zu berücksichtigen wurde der Strafterm des zugrundeliegenden SIMP-Algorithmus durch das Konzept der Gewichtungsoperatoren verallgemeinert und in den Topologieoptimierungsalgorithmus integriert. Mit diesem ist es möglich, Bauteilen mit unerwünschten Eigenschaften eine überproportional erhöhte Nachgiebigkeit zuzuweisen und damit für die Optimierung unbrauchbar zu machen. In diesem Fall wurde das Auftreten inhomogener Abkühlbedingungen als unerwünschte Elementeigenschaft bestraft, da diese zu thermischen Eigenspannungen führen. Für die Berechnung der nötigen Erstarrungs- und Abkühlbedingungen wurde eine Gießsimulation zur Berechnung des Erstarrungs- und Abkühlverlaufs auf Basis des sog. Stefan- Problems entwickelt. Diese ist in der Lage, Temperaturverteilungen, die durch beliebige relative Dichteverteilungen definiert sind, zu simulieren. Die erweiterte Optimierung wurde mit exemplarischen Probegeometrien bei unterschiedlicher Gewichtung von Mechanik und Gießtechnik durchgeführt, d.h. die Bestrafung inhomogener Abkühlbedingungen wurde variiert. Bei der konventionellen Topologieoptimierung ohne Berücksichtigung der Abkühlbedingungen wurden die geringsten Nachgiebigkeiten, folglich die höchsten Steifigkeiten erreicht. Die Steifigkeit nimmt bei zunehmender Gewichtung der Abkühlbedingungen ab. Es kann jedoch eine deutliche Reduzierung der Eigenspannungen in Simulationsrechnungen erreicht werden. Die in der Simulation auftretenden Eigenspannungsreduzierungen wurden durch Messungen an abgegossenen Bauteilen überprüft und tendenziell bestätigt. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse wurde eine neue, optimierte Konstruktionsweise für Verrippungsstrukturen mit konzentrisch umlaufenden, parabelförmigen Rippen abgeleitet, welche mechanische Vorteile gegenüber der vornehmlich angewendeten Kreuzverrippung aufweist. Desweiteren wurden Empfehlungen für eine hinsichtlich der Entstehung von Eigenspannungen optimierte Konstruktionsweise dieser Verrippungsstrategie erstellt. Mit dem entwickelten, erweiterten Topologieoptimierungsalgorithmus wurde eine Grundlage geschaffen, mechanische und gießtechnische Randbedingungen parallel in der Optimierungsrechnung zu berücksichtigen. Das Konzept der Gewichtungsoperatoren, welches zur Reduzierung thermischer Eigenspannungen eingesetzt wurde, ist auch auf weitere Randbedingungen übertragbar. Generell ist es denkbar, Netzelementen mit unerwünschten Eigenschaften jeglicher Art überproportional erhöhte Nachgiebigkeiten zuzuweisen. Voraussetzung hierfür ist die Möglichkeit, die entsprechenden Eigenschaften – im bisherigen Fall die Temperatur – rechnerisch ermitteln zu können. Insbesondere besteht die Möglichkeit, das Konzept der Gewichtungsoperatoren zur Berücksichtigung von Porosität zu erweitern. Die hierfür nötigen Rechenmodelle sind direkt aus der bereits existierenden Temperaturberechnung ableitbar. Aussichtsreiche Ergebnisse wurden bei ersten Berechnungen mit sogenanntem voroptimiertem Startwert erreicht. Dabei wurde der Startwert, also die Elementdichten der Startgeometrie, zunächst teilweise manuell vorbelegt. Die voroptimierte Geometrie orientierte sich an den gewonnenen Erkenntnissen und einer Parameterstudie. Der Algorithmus nahm in der folgenden Optimierungsrechnung aufgrund seiner Beschaffenheit lediglich geringfügige Geometrieanpassungen vor. Dennoch führten diese Anpassungen zu deutlichen Verbesserungen der mechanischen und gießtechnischen Eigenschaften. Der Einsatz voroptimierter Startwerte kann sich für zukünftige Anwendungen auch an anderen, bereits bestehenden Konstruktionen orientieren. Der Konstrukteur kann die Ergebnisgeometrie somit aktiv beeinflussen oder bestehende Konstruktionen gießtechnisch optimieren, ohne größere Anpassungen an Peripheriebauteilen vornehmen zu müssen. Der entwickelte Topologieoptimierungsalgorithmus nutzt Strafterme, um das Erstarrungs- und Abkühlungsverhalten der zu optimierende Geometrie zu homogenisieren. Dies resultiert in einem reduzierten Auftreten von Eigenspannungen, eine Berechnung dieser ist jedoch nicht nötig. Im Hinblick auf einen deutlich reduzierten Rechenaufwand wurde auf eine solche verzichtet. Darüber hinaus existieren Ansätze, das Optimierungsergebnis durch den Einsatz progressiver Strafterme weiter zu verbessern. Hinsichtlich Speicheranforderungen und Rechengeschwindigkeit sind zusätzlich Optimierungsmöglichkeiten vorhanden. Der neu entwickelte Algorithmus wurde im Rahmen dieses Forschungsprojekts anhand abstrahierter Probegeometrien angewendet. In einem nächsten Schritt soll die Anwendung auf reale Bauteile erfolgen. Dieser Entwicklungsschritt kann zusammen mit einem Forschungspartner aus der Industrie erfolgen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Model based strategies for an optimised ribbing design of large forming tools. Production Engineering 3 (2009), 435-440
    Drude, N.; Meier, L.; Scheurle, J.; Hoffmann, H.
  • Mechanical Optimization of Large Forming Tools with Respect to Residual Stresses. European Cast Iron Meeting 2011, Clausthal
    Saal, P.; Drude, N.; Hoffmann, H.; Scheurle, J.
  • Optimale Gestaltung von Strukturen elastischer Materialien durch die Topologieoptimierung mit Gewichtungsoperatoren. Dissertation, TU München (2011)
    Drude, N.
  • Reduction of Residual Stresses in Forming Tools: Stress reduction in topology optimized cast parts by well chosen geometric parameters. International Foundry Research, 02/2011 (2011), 2-8
    Saal, P.; Meier, L.
  • Reduzierung von Eigenspannungen in Umformwerk-zeugen: Spannungsreduzierung in topologieoptimierten Gussbauteilen durch gezielte Variation von Geometrieparametern. Giesserei, 98,2 (2011), 40-47
    Saal, P.; Meier, L.
 
 

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