Kunst im architektonischen Raum - Otto Herbert Hajeks interdisziplinärer Kunstansatz
Final Report Abstract
Im Rahmen des Projekts wurden Otto Herbert Hajeks Werke im „Raum der Architektur“ der 1950er bis 1970er Jahre erstmals, nicht nur anhand ausgewählter Beispiele, sondern in ihrer Gesamtheit untersucht. Analysiert wurden 100 realisierte, nicht realisierte und temporäre Projekte, darunter zehn neu entdeckte Arbeiten. Durch die Auswertung einer Vielzahl an Quellen sowie der Analyse der Werke vor Ort konnten einerseits genaue Aussagen über die Aufgabenstellungen, die Beziehung von Kunst und Architektur, die Materialität der Kunstwerke getroffen werden, andererseits die Gestaltungsabsichten des Künstlers und die Reaktionen auf Hajeks Kunst präzisiert werden. Deutlich wurde zum Beispiel, dass Hajek anhand einzelner Projekte Lösungen entwickelt, auf die er später immer wieder zurückgreift, es aber auch Ansätze gibt, die er nicht weiterverfolgt und daher singulär bleiben. Mehrfach weitet Hajek die gestellte Aufgabenstellung aus, experimentiert mit neuen Materialien. Im Gegensatz zu anderen Künstlern, die im Kunst-am-Bau-Kontext arbeiten, sind Hajeks Eingriffe in die Architektur und den Stadtraum seit Mitte der 1960er Jahre erheblich. Anhand von Interviews mit beteiligten Architekten wird deutlich, dass Hajek auffallend früh in die Planungen mit einbezogen und ihm bei seiner Arbeit völlig freie Hand gelassen wird. Hajeks Art der Gestaltung ruft große Widerstände hervor, insbesondere die intensive Farbgebung wird oft als aggressiv empfunden. Bis heute sind große Vorbehalte spürbar. Gerade in den letzten Jahren wurden von kommunaler und privater Seite vielfach Kunstwerke entfernt oder zerstört, zuletzt die wegweisende documenta-Arbeit „Frankfurter Frühling“ von 1962–64. In Hajeks Werken im Raum der Architektur spiegeln sich in aller Deutlichkeit viele zeitspezifische Positionen wider. Hajek entwickelt von Anfang an seine Formensprache in Auseinandersetzung mit Werken anderer Künstler. In den frühen Jahren lehnt er sich hierbei sehr direkt an Vorbildern der internationalen Avantgarde an, später greift er bestimmte Gestaltungsformen und Farben aus dem Kontext des Hard Edge, der Farbfeldmalerei, der Minimal Art, Op Art, Kinetischen und Konkreten Kunst auf und übersetzt diese spielerisch in eine eigene Sprache. Hajek ist schon früh sehr eng vernetzt. In den 1950er und 1960er Jahren besucht er viele Ausstellungen, pflegt Kontakte zu Künstlerkollegen, Kunstkritikern und Galeristen besonders der Rheinischen und Stuttgarter Kunstszene, wie jetzt über Quellen und Sekundärliteratur zu zahlreichen Galerien im Einzelnen belegt werden kann. Anregungen erhält Hajek insbesondere über die Galerie 22 in Düsseldorf, die Galerie Müller in Stuttgart, über seine Künstlerkollegen und ehemaligen Studienkollegen Winfred Gaul und Peter Brüning sowie über Karl Georg Pfahler und Thomas Lenk, gleichzeitig aber auch über die großen Überblicksausstellungen (documenta Kassel, Biennale Venedig u.a.) und über Zeitschriften (Das Kunstwerk, Art International u.a.), vereinzelt konnten auch Bezüge zu Künstlern aus dem Umkreis der Pariser Galerie Denise René ausgemacht werden. Auch Hajeks theoretische Überlegungen sind als Reflex auf aktuelle künstlerische Fragestellungen und zeitspezifische Themen zu verstehen. Hinsichtlich seiner Raum-/Farbauffassung steht er den Künstlern aus dem Umkreis der Galerie Müller (Hermanns, Pfahler, Lenk) nahe, hinsichtlich seiner kritischen Einstellung gegenüber den Entwicklungen in Architektur und Städtebau ließen sich Bezüge zum Deutschen Werkbund herstellen. Hajeks Forderung nach einer stärkeren Verankerung der Kunst im öffentlichen Raum entspricht einer allgemeinen Forderung der Zeit. Sie ist Ausdruck eines gewandelten Demokratieverständnisses, das maßgeblich durch Willy Brandt geprägt wird, und sich in Kunstausstellungen im Stadtraum und Straßenkunstprogrammen seit Ende der 1960er Jahre niederschlägt. Wesentliche neue Erkenntnisse erbrachten auch die Untersuchungen zur Biographie, zum Beispiel konnten Hajeks Verstrickungen im Nationalsozialismus aufgedeckt und die Studienzeit neu bewertet werden.