Anomale Röntgenbeugung zur Untersuchung der atomaren Ordnung in quasi-epitaktischen Heusler Verbindungsschichten
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In der Spinelektronik werden zusätzlich zur elektrischen Ladung der Elektronen auch deren magnetische Momente kontrolliert und manipuliert, um neuartige Funktionalitäten in Bauelementen zu realisieren. Hierfür sind vor allem ferromagnetische Materialien von Interesse, bei denen an der Fermikante EF nur Elektronen mit einer Spinorientierung existieren. Diese werden als ferromagnetische Halbmetalle bezeichnet. Die ideale Eigenschaft, ein Halbmetall zu sein, wurde für zahlreiche Materialien aus der Klasse der Heusler Verbindungen X2YZ (z.B. Co2MnSi, Co2FeSi, Co2TiSn, (Mn1-xCox)2VAl, Mn2CoGa) vorhergesagt. In diesem DFG-Projekt wurden elementspezifische Untersuchungen der atomaren Ordnung mit anomaler Röntgenbeugung an der Verbindung Co2TiSn sowie der magnetischen Eigenschaften von Mn2CoGa durchgeführt. Die Messungen wurden an den Synchrotronstrahlungsquellen Elettra in Triest (Italien), DIAMOND in Oxford (England) sowie an der Advanced Light Source in Berkeley (USA) durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass epitaktische Filme mit nahezu perfekter Stoichiometrie (insbesondere Co2.0Ti1.0Sn1.0 und Mn2.1Co0.95Ga0.95) auf MgO Einkristallen abgeschieden werden können. Die für die Herstellung notwendigen Wachstumsbedingungen waren dabei sehr unterschiedlich. Während Co2TiSn optimalerweise bei einer Substrattemperatur von 700°C abgeschieden wurde, wurden die besten Mn2CoGa Filme bei 200°C deponiert und anschließend in-situ bei 550°C im Vakuum nachgeheizt. Die Co2TiSn Filme zeigten eine sehr gute L21 Ordnung, was letztlich ausschlaggebend für das Erreichen der im Bulkmaterial beobachteten bzw. gemäß theoretischer Rechnungen erwarteten physikalischen Größen wie Magnetisierung, Curie-Temperatur und elementspezifisches magnetisches Moment war. In dem hier durchgeführten Projekt wurde insbesondere die verbleibende atomare Unordnung im Co2TiSn untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass es nur sehr wenig Co-Ti bzw. Co-Sn Unordnung in den Filmen gibt. Mittels Röntgenabsorptionsmessungen an Mn2CoGa, einer inversen Heuslerverbindung in Xa Struktur, wurden erstmals der unterschiedliche Charakter der Elektronen auf zwei nicht gleichwertigen Mn Gitterplätzen für diesen Materialtyp experimentell demonstriert. Dazu wurden Messungen des linearen und zirkularen Röntgendichroismus kombiniert und durch Vergleich mit einer Vielzahl von Messungen an anderen Heusler Verbindungen sowie mit theoretischen Berechnungen gezeigt, dass Mn auf dem einen Gitterplatz itenerante und auf dem anderen Gitterplatz lokalisierte Elektronen besitzt. Darüber hinaus wurde indirekt die Größe der antiparallel orientierten magnetischen Momente des Mn einzeln bestimmt. Es zeigte sich eine gute Übereinstimmung mit den theoretischen Vorhersagen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Itinerant and localized Mn moments in ferrimagnetic Mn2CoGa thin films as seen via x-ray magnetic linear dichroism, Brief Report, Phys. Rev. B 84 (2011) 132405
M. Meinert, J. Schmalhorst, Ch. Klewe, G. Reiss, E. Arenholz, T. Böhnert, K. Nielsch