Mechanische Instabilitäten in molekularen, selbstähnlichen Srukturen höherer Ordnung - Modelle, Numerik, Simulationen
Final Report Abstract
Viele im Ingenieurwesen eingesetzten Materialien zeichnen sich durch einen hierarchischen Aufbau aus. Oftmals unterscheidet sich der Aufbau der einzelnen Hierarchieebenen untereinander so stark, daß eine skalenübergreifende mechanische Beschreibung derartiger Materialien sehr aufwendig oder gar unmöglich ist. Im Rahmen des Forschungsvorhabens standen Materialien im Vordergrund, die nach dem Prinzip der Selbstähnlichkeit aufgebaut sind, d.h. auf allen Hierarchieebenen eine identische Gestalt aufweisen. Diese Klasse von Materialien wurde ganz bewusst ausgewählt, weil erforscht werden sollte, ob sich die durch die Selbstähnlichkeit gegebene geometrische und topologische „Ordnung“ auch die skalenübergreifende Beschreibung derartiger Materialien vereinfachen lässt bzw. diese überhaupt erst möglich wird. Als konkretes Anwendungsobjekt für diese Untersuchungen wurden eine aus Graphen - nach dem Prinzip der Selbstähnlichkeit - aufgebauten Nanostrukturen, den s.g. „Super-Kohlenstoffnanoröhrchen“ (Super-CNTs) höherer Ordnung gewählt. Im Rahmen des Vorhabens wurden neuartige computergestützte Methoden für die effiziente strukturmechanische Analyse von Super-CNTs höherer Ordnung entwickelt. Wichtiger Ausgangspunkt dafür war die mathematische Beschreibung der relevanten Symmetrie- und Hierarchieeigenschaften dieser Strukturen. Da diese von existierenden Netzgeneratoren nicht berücksichtigt werden konnten, wurde eine neue - auf einem graphen-algebraischen Ansatz beruhende - Methode entwickelt. Durch konsequentes Ausnutzen der besonderen Eigenschaften dieser selbstähnlichen Struktur, ist die Methode in der Lage, die Geometrie- und Topologiedaten von Super-CNTs beliebiger Hierarchieordnung effizient und Speicherplatz-minimierend zu generieren. Die Methode lässt sich auch auf andere hierarchische oder allgemein stark reguläre Strukturen übertragen. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen mit der graphen-algebraischen Beschreibung selbstähnlicher Strukturen, wurde eine optimierte numerische Methode zur atomistischen Simulation von Super-CNTs entwickelt. Diese Methode nutzt dabei unmittelbar aus, daß sich die Selbstähnlichkeit der Struktur auch im Aufbau des zu lösenden Gleichungssystems widerspiegelt. In diesem Kontext wurde ein neuer - die „selbstähnliche Struktur“ der Systemmatrix ausnutzender - iterativer Gleichungslöser entwickelt. Anhand von numerischen Simulationen zur strukturmechanischen Analyse von Super-CNTs höherer Ordnung konnte gezeigt werden, daß sich damit sowohl die Rechenzeit als auch der Speicherplatzbedarf gegenüber einem herkömmlichen atomistischen Modell signifikant reduzieren lassen. Im Rahmen von umfangreichen Parameterstudien wurden die strukturmechanischen Eigenschaften von Super-CNT's höherer Ordnung auf der Basis eines atomistischen Modells erforscht. Die systematische Auswertung dieser Daten lieferten wichtige Erkenntnisse zum Tragverhalten dieser Strukturen, und somit Anhaltspunkte zur Konstruktion maßgeschneiderter Mehrskalenmethoden. Auf der anderen Seite wurden die Simulationsergebnisse unmittelbar zur Verifikation der entwickelnden Mehrskalenmethoden herangezogen. Es wurde u.a. festgestellt, daß die mechanische Stabilität eines Super-CNT maßgeblich durch dessen topologischen und geometrischen Aufbau auf der jeweils nächst tieferen Hierarchiestufe beeinflusst wird. Die zentrale Rolle spielt dabei die Ausbildung der Y-förmigen Verbindungsbereiche. Die stabartigen Bereiche zwischen den Verbindungsbereichen besitzen hingegen keinen signifikanten Einfluß. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend, wurde eine neuartige Mehrskalenmethode entwickelt, die die stark beanspruchten Verbindungsbereiche mit einem atomistischen Modell (feine Skala) und die schwächer beanspruchten stabartigen Bereiche dazwischen mit einem kontinuumsmechanischen Balkenmodell (grobe Skala) beschreibt. Im Unterschied zu den existierenden Mehrskalenmethoden fand hier eine Kopplung auf der Strukturebene statt: Erstmalig wurde eine zylinderförmige atomistische Struktur mit einem eindimensionalen kontinuierlichen Balkenmodell gekoppelt. Die zur Beschreibung des Balkenmodells benötigten Dehn-, Schub-, Biege- und Torsionssteifigkeiten wurden aus atomistischen Simulationen abgeleitet. Unabhängig von ihrer Hierarchieordnung, stellen die aus Graphen gebildeten Super-CNTs immer komplexe schalenartige Tragstrukturen dar. Diese Eigenschaft ausnutzend, wurde - in einem weiteren Mehrskalenansatz - die hexagonale Gitterstruktur von Graphen vereinfacht im Rahmen einer kontinuumsmechanischen Schalentheorie beschrieben. Die simultane Kopplung des zugrundeliegenden atomistischen Modells (feine Skala) mit dem übergeordneten kontinuumsmechanischen Schalenmodell (grobe Skala) wurde auf Basis der im Rahmen des Forschungsvorhabens entwickelten „verallgemeinerten exponentiellen Cauchy-Born Hypothese“ durchgeführt. Im Unterschied zu existierenden Hypothesen kann diese auf schalenartige Nanostrukturen mit beliebiger Geometrie angewendet werden. Ein alternatives Verfahren zur effizienten Simulation des mechanischen Verhaltens von Super-CNTs wurde auf Basis eines Multigrid-Verfahrens entwickelt. Dabei können alle in dem Verfahren zu berücksichtigenden Netze unmittelbar mit der Methode zur Generierung der Geometrie- und Topologiedaten berechnet werden. Auf dem feinen Netz wurde ein atomistisches, auf dem groben Netz ein kontinuumsmechanisches Modell eingesetzt. Die Knoten auf dem groben Netz wurden hierbei mit den Bereichen identifiziert, in denen die Super-CNTs der nächst tieferen Hierarchiestufe Zusammentreffen. Die zylinderförmigen Verbindungsbereiche zwischen diesen Knoten wurden als kontinuierliche Balken modelliert. Da ein typischer Verbindungsbereich mehrere hundert Atome enthält, musste ein Multigrid-Ansatz entwickelt werden, der einen sehr hohen Vergrößerungsfaktor realisieren kann, ohne dabei die Güte der Näherungslösung (beispielsweise durch ungewollte Versteifungseffekte) oder die Konvergenzeigenschaften des Verfahrens, unzulässig stark zu beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang wurde die „Logarithmische Finite Element Methode“ entwickelt, die generell ein robustes Konvergenzverhalten zeigt und gegenüber herkömmlichen Ritz-Galerkin-Verfahren deutliche Vorteile bei der Relaxation von Super-CNTs und der Simulation verschiedener Laställe besitzt. Im Rahmen des Forschungsvorhabens entstanden verschiedenartige numerische Methoden, mit denen das mechanische Verhalten von Super-CNTs höherer Ordnung effizient simuliert werden kann. Die Methoden lassen sich auch auf andere hierarchisch strukturierten Nanostrukturen übertragen.
Publications
- 'Meshing Highly Regular Structures: The Case of Super Carbon Nanotubes of Arbitrary Order', Journal of Nanomaterials, Special Issue Hierarchically Structured Materials, Vol. 2015, 2015 (26 pages)
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Schröppel C., Wackerfuß J.
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Burger M., Bischof C., Schröppel C., Wackerfuß J.
(See online at https://doi.org/10.1002/cpe.3872) - Eine Methode zur Kopplung von molekular- und kontinuumsmechanischen Modellen unter Einsatz von Translations- und Rotationsfreiheitsgraden - Die Virtuelle Projektionsmethode, Dissertation am Fachgebiet Baustatik der Universität Kassel, 2017
Florian Niederhöfer
- Memory-Ecient and Parallel Simulation of Super Carbon Nanotubes, Dissertation am Fachgebiet Scientific Computing der TU Darmstadt, 2017
Michael Burger