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Basenlabile Auxiliare für die cysteinfreie Peptidverknüpfung

Fachliche Zuordnung Biologische und Biomimetische Chemie
Förderung Förderung von 2009 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 162960495
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Bei der chemischen Totalsynthese von Proteinen gelangt als wichtigste chemische Methode neben der Festphasenpeptidsynthese die Native Chemical Ligation (NCL) eines Peptidthioesters mit einem Cysteinylpeptid zum Einsatz. Um das volle Potential der NCL auszuschöpfen, bedarf es Methoden, die Peptidbindungen auch an häufigeren Aminosäuren als Cystein etablieren können. Im Forschungsprojekt setzten wir auf die Auxiliar-vermittelte Peptidligation, die prinzipiell in der Lage sein sollte, die Verknüpfung an einer beliebigen Position der Peptidsequenz zu ermöglichen. Allerdings war die Reaktivität der bestehenden Auxiliare niedrig, so dass NCL-Reaktionen nur mit Glycin an der Ligationsschnittstelle effizient abliefen. Dies schränkte den Nutzen dieser Methode stark ein. Ein weiteres Problem war die Spaltung der aufgebauten Amidbindung, die während der acidolytischen Auxiliarentfernung als Nebenreaktion auftritt. Ziel des Forschungsprojektes war es, die Auxiliar-vermittelte Peptidligation durch die Einführung neuartiger Nα-Auxiliare in den Stand zu versetzen, die Knüpfung sterisch anspruchsvoller Peptidbindungen zu ermöglichen. Unter Verminderung des sterischen Anspruchs wurden die Auxiliare so entworfen, dass die Auxiliarentfernung unter mild basischen Bedingungen gelingen kann, wodurch wir dem Problem der Reversibilität des S→N-Acyltransfers im sauren Milieu begegnen wollten. Hierzu konzipierten wir zwei Grundtypen elektronenakzeptorsubstituierter Auxiliarsysteme. Elektronenziehenden Gruppen (EWG) in β-Stellung zum Amid sollten dafür sorgen, dass die Auxiliare über eine E1cb-Eliminierung abgespalten werden können. Wir synthetisierten und untersuchten β-N verknüpfte γ-Mercaptobutyratauxiliare. Mercaptobutansäureethylester und ein Mercaptobutyranilid vermittelten die raschesten Verknüpfungsreaktionen, die bei Gly-Gly-Kupplungen ≥ 90% Ausbeute in 4 h lieferten. Auch die Etablierung von Gly-Ala- und Ala-Gly-Schnittstellen gelang. Leider war es nicht möglich, die sterisch anspruchsvollere Ala-Ala-Bindung zu erschließen. Als eine Ursache wurde eine Nebenreaktion (Bildung von Thiolactonen) ausgemacht. Die konkurrierende Thiolactonisierung konnte bei einem β-N-verknüpften p-Nitrophenylpropylmercaptan-Auxiliar nicht eintreten. Die NCL erfolgte wie bei den γ-Mercaptobutyraten über einen 5-gliedrigen Übergangszustand (ÜZ). In der Tat konnte nun auch nach langen Reaktionszeiten noch ein Reaktionsfortschritt erzielt werden. Jedoch gelangen noch schnellere NCL-Reaktionen, wenn die p-Nitrophenylgruppe nicht an der an der β-Stellung eines γ-Mercaptopropylauxiliars (NCL über 6-gliedrigen ÜZ) angebracht wurde. Wir schlossen daraus, dass die Vermeidung sterischer Überfrachtung an der α-Position des Auxiliars von höchster Wichtigkeit ist. Bei den Untersuchungen zur Abspaltung der Auxiliare unter basischen Bedingungen stellten wir fest, dass die Zugabe von TCEP erforderlich war, um die β-Eliminierung des Thiols aufzuhalten. Nach aufwendigen Optimierungsreihen folgerten wir, dass die Auxiliarablösung dann erfolgreich war, wenn TCEP eine radikalische Entschwefelung anstoßen konnte, die die Grundlage für eine nachfolgende Fragmentierung legt. Dies führte zu einer Neukonzeption eines Auxiliargerüsts, das im Folgenden so konstruiert wurde, dass a) die radikalische Fragmentierung erleichtert und b) Verzweigung in α-Stellung zum zu kuppelnden Amin vermieden wird. Das 2-Mercapto-2-phenethyl-(MPE) Auxiliar lässt sich über reduktive Aminierung eines reaktiven Aldehyds im letzten Schritt der Festphasenpeptidsynthese bequem einbringen. Ligationsreaktionen an MPE-Peptiden verlaufen bemerkenswert rasch und ermöglichen erstmals die NCL an sterisch anspruchsvollen Schnittstellen jenseits von Cystein und Glycin. Die Synthese der Proteine Dermzidin-1L (Gly-Gly-NCL) und Opistoporin (Ser-Glu-NCL) bestätigte die Nützlichkeit des MPE-Auxiliars. Einen raschen und unkomplizierten Zugang zu den nativen Peptiden bietet eine Eintopfvariante, bei der sich der Peptidligation ohne intermediäre HPLC-Reinigung direkt die Auxiliarabspaltung anschließt. Die Methode basiert auf einer (selektiven) Abspaltung des Auxiliars unter mild basischen Bedingungen (pH 8.5), was für den Zugang zu Proteinen mit säureempfindlichen Modifizierungen interessant sein sollte. Im Vergleich zu der momentan am häufigsten eingesetzten Ligations-Entschwefelungs-Strategie ist es von Vorteil, dass bei dem von uns hier vorgestellten Verfahren keine nichtkommerziellen Aminosäurebausteine nötig sind. In Arbeiten, die über den Projektantrag hinausgingen, nutzten wir das MPE-Auxiliar in der HPLC-reinigungsfreien Totalsynthese von Proteinen. Hierbei werden N-terminal, His6-markierte Peptidthioester und Auxiliartragende Peptidhydrazide eingesetzt. Die N-terminalen Markierungen gewährleisten, dass bei der Immobilisierung an Ni-NTA-Agarose und der nachfolgenden on-resin NCL nur die Volllängenpeptide teilnehmen, so dass beide Fragmente ungereinigt als Rohprodukt verwendet werden können. Nach Entfernung des MPE-Auxiliars wird das häufigste NCL-Nebenprodukt, der hydrolisierte Peptidthioester, entfernt. Hierfür wird durch Behandlung mit verd. Essigsäure die Bindung zur Ni-NTA-Agarose gelöst und die C-terminale Hydrazideinheit zur selektiven Extraktion des Ligationsprodukts mit Aldehyd-Agarose genutzt. Ohne eine einzige HPLC-Aufreinigung durchführen zu müssen, setzte die Behandlung mit verd. Hydrazin (oder Säure) 46-126 AS lange Muc-1-Proteine in 6-33% Gesamtausbeute und 90-98%iger Reinheit frei.

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