Materielle Modelle in Forschung und Lehre: Erfassung, Dokumentation und Untersuchung von Modellen in universitären Sammlungen
Final Report Abstract
Materielle Modelle sind in wissenschaftlicher Praxis allgegenwärtig und finden sich in zahlreichen Disziplinen wie beispielsweise der Archäologie, Biologie, Ethnologie, Geowissenschaften, Mathematik, Medizin und den Technikwissenschaften. Über den interdisziplinären Charakter der Objektgruppe hinaus kommt Modellen eine Vielfalt an Funktionen und Verwendungsweisen zu. Häufig dienen sie als Lehrmittel oder Ausstellungsobjekte der Vermittlung von etablierten wissenschaftlichen Fakten oder Theorien. Andere Modelle sind als “wissenschaftliche Publikationen” konzipiert, die die Möglichkeiten dreidimensionaler Darstellungen zur Repräsentationen von Forschungsergebnissen nutzen. Wiederum andere Modelle fungieren als Elemente in Experimentalsystemen und dienen einer explorativen Forschungspraxis. Neben derartigen wissenschaftlichen Funktionen erweisen sich materielle Modelle auch als Objekte eines kulturgeschichtlichen Interesses – etwa als Repräsentanten ästhetischer, didaktischer und handwerklicher Praktiken verschiedener Epochen. Trotz ihrer vielfältigen Funktionen haben materielle Modelle in der Wissenschaftsforschung des 20. Jahrhunderts nur unzureichend Beachtung gefunden. Dieses Versäumnis findet sich in verschiedenen Disziplinen der Wissenschaftsforschung und reflektiert ein Defizit in der Thematisierung des Prozesscharakters und der Materialität wissenschaftlicher Forschung, die erst seit wenigen Jahren stärker in den Fokus rücken. Diese neueren Entwicklungen der Wissenschaftsgeschichte und -theorie betonen zunehmend die Bedeutung einer Analyse realer Forschungspraxis und ihrer materiellen Grundlagen. Während die Bedeutung der materiellen Basis wissenschaftlicher Forschung in den gegenwärtigen Debatten häufig betont wird, verweilen wissenschaftliche Objekte häufig unzugänglich und unerforscht in den Schränken von wissenschaftlichen Sammlungen und Museen. Gerade im Vergleich mit Texten und zweidimensionalen Darstellungen bleiben materielle Objekte notorisch vernachlässigte Quellen der Geschichtswissenschaften und Wissenschaftsforschung. Mit diesem Projekt konnte eine Forschungslücke geschlossen werden, indem ca. 2500 repräsentative Modelle aus verschiedenen Kontexten systematisiert, exemplarisch beschrieben und in einer Online-Datenbank veröffentlicht wurden: http://universitaetssammlungen.de/modelle. Die Datenbank ist in das Informationssystem Universitätsmuseen in Deutschland integriert und verknüpft auf diese Weise die einzelnen Modelle mit den entsprechenden Sammlungen. Darüber hinaus bietet das System u.a. Informationen zu den am Ideen- und Produktionsprozess maßgeblich beteiligten Personen und Körperschaften und verzeichnet einschlägige Publikationen. Das Projekt kann zudem als Modell für eine erfolgreiche transdisziplinäre, überregionale und nachhaltige Erschließung von wissenschafthistorischen Quellen für Artefaktgruppen dienen. Es erschließt und dokumentiert umfangreiches Referenzmaterial für die Wissenschaftsgeschichte und eröffnet damit neue Perspektiven sowohl für die Lokal- als auch für die Globalgeschichte.
Publications
-
Material models as recorders of academic communities: A new project on university collections in Germany. In: University Museums and Collections Journal 4 (2011) S. 65–72
Cornelia Weber