Akute und chronische Desensitisierung von µ-Opioidrezeptoren beim Entzündungsschmerz
Final Report Abstract
Durch die Abnahme der analgetischen Wirksamkeit von Opioiden im Verlaufe einer Schmerztherapie sprechen Patienten auf die verabreichten Opioide weniger gut an. Die hierdurch häufig induzierte Dosiserhöhung geht mit verstärkten Nebenwirkungen und langfristig auch mit einer höheren Gefahr für Opioid-Abhängigkeit einher. In Anbetracht der aktuellen Situation in den USA, die durch den missbräuchlichen Einsatz von Opioiden über viele Jahrzehnte gekennzeichnet ist und zum nationalen Gesundheitsnotstand geführt hat, sind aktuelle Forschungsthemen zu den Mechanismen der Nebenwirkungen der Opioide auch von hohem gesundheitspolitischen Interesse. Leider ist das komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher Mechanismen, die zur Opioidtoleranz führen, in großen Teilen weiterhin unklar. Grund für die Toleranzentstehung ist unter anderem die Desensibilisierung und Herunterregulation von Opioid-Rezeptoren, Veränderungen in der Signaltransduktion und die Aktivierung pronozizeptiver Systeme im Zentralen Nervensystem. Im Rahmen des DFG Projektes konnten wir Aspekte der Desensitisierung des Opioidsystems in einem translationalen Forschungsansatz von Zellkulturuntersuchungen bis zu Netzwerkanalysen bei Probanden untersuchen. Intrazelluläre Signal-Transduktionswege, die zur Aktivierung pronozizeptiver Systeme führen: Opioid-bedingte Veränderungen der Signal-Transduktionswege führen zu einer gesteigerten Aktivierung eines Ionenkanals aus der Familie der TRP-Ionenkanäle (TRPV1). Eine Opioid-induzierte Aktivierung der cAMP-PKA abhängige Phosphorylierung des TRPV1 erhöht die Sensitivität des Ionenkanals. Nach dem Abklingen der analgetischen Wirksamkeit von Opioiden kann dies beim Patienten zu einer länger anhaltenden Hyperalgesie auf thermische Reize führen. Wir konnten weiter zeigen, dass die Sensitivierung des TRPV1 zu einem „cross talk“ mit anderen Mitgliedern der TRP-Ionenkanalfamilie (TRPA1) führt. Dies könnte die klinische Beobachtung, dass Patienten insbesondere über ein gesteigertes Schmerzempfinden nach Opioidbehandlung auf thermische Reize (Hitze – TRPV1 und Kälte – TRPA1) klagen, erklären. Einfluss von GRK2 auf Desensitisierung und Trafficking von µ-Opioidrezeptoren: In dem pathophysiologischen Modell der Kniegelenksarthritis bei Ratten konnten wir eine Zunahme an GRK2 in sensorischen Hinterwurzelganglien der Tiere nachweisen. Gleichzeitig war die Opioidbehandlung dieser Ganglien mit einer Zunahme der µ-Opioidrezeptorinternalisierung vergesellschaftet. Der in den dorsalen Ganglien beobachtete Anstieg der GRK2 Expression führte in-vitro nach akuter und chronischer Gabe von Opioiden aber zu keiner Veränderung der analgetischen Wirksamkeit der Opioide. Die Reduktion der GRK2 Expression durch siRNA hingegen ging mit einer deutlich stärkeren Opioideffekten einher. Unterschiedliche Expressionsmuster für die GRK veränderten das Recycling der Opioidrezeptoren an die Zelloberfläche nicht. Zukünftige Studien müssen zeigen, ob andere pathophysiologische Veränderungen an Opioidrezeptor-regulierenden Proteinen die Wirksamkeit der Opioide beeinflussen. Aktivierung pronozizeptiver Systeme bei Probanden unter Opioidbehandlung: Nach Gabe des Opioidalkaloids Remifentanil konnten wir Durchblutungsveränderungen detektieren, die auf veränderte neuronale Aktivität in schmerzhemmenden und –aktivierenden Bereichen des Gehirns (posteriorer Inselkortex, dem periaqueductalen Grau, dem kontralateralen Thalamus und der Amygdala) zurückzuführen sind. In der funktionellen Konnektivitätsanalyse zeigte sich eine vermehrte Aktivität im rechten Nukleus Cuneiformis (NCF) und dem rostral Anterior Cingulären Cortex (rACC). Die funktionelle Konnektivität ist rein korrelativ und ungerichtet, dennoch deuten unsere Untersuchungen auf ein Aktivierungsmuster hin, das durch das Alkaloid Remifentanil verursacht wird und Ausdruck eines Opioid-induzierten Netzwerks sein kann. Darüber hinaus konnten wir zeigen, dass Opioid-induzierte Netzwerkstrukturen und Konnektivität bereits auf Rückenmarksebene nachweisbar sind. Dieser Umstand besitzt eine besondere Attraktivität für weitere funktionelle Untersuchung Opioid-induzierter Veränderungen in neuronalen Netzwerken.
Publications
- Opioid withdrawal increases transient receptor potential vanilloid 1 activity in a protein kinase A-dependent manner. Pain 2013;154:598-608
Spahn V, Fischer O, Endres-Becker J, Schafer M, Stein C, Zöllner C
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Spahn V, Stein C, Zöllner C
(See online at https://doi.org/10.1124/mol.113.088997) - Altered signaling in the descending pain modulatory system after shortterm infusion of the mu-opioid agonist remifentanil. J Neurosci 2018
Sprenger C, Eichler IC, Eichler L, Zöllner C, Büchel C
(See online at https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.2496-17.2018)