Unternehmenseffizienz als Rechtkategorie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Effizienz stellt für das Recht eine interdisziplinäre Herausforderungen dar. Den bisherigen Untersuchungen zur Implementierung ökonomischer Effizienzvorstellungen im Öffentlichen Recht liegt eine staatszentrierte Sicht zugrunde. Im Mittelpunkt steht das Prinzip der Wirtschaftlichkeit hoheitlichen Handelns. Daneben kann „Effizienz“ aber noch aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden: dem des einzelnen Unternehmens. Anlass für einen solchen Perspektivwechsel liefert die zunehmende Inkorporation ökonomischer Effizienzanforderungen in Vorschriften sowohl des nationalen wie auch des europäischen Rechts. Auf diese Weise erfolgt eine „Metamorphose“ von einem ökonomischen in einen juristischen Effizienzbegriff. Im Zuge dieser Juridifizierung wird das Effizienzkriterium in vielfältiger Weise gegenüber den Wirtschaftsteilnehmern und hier vor allem gegenüber den Unternehmen aktiviert. Sie selbst werden zu unmittelbaren Adressaten und Promotoren rechtlicher Effizienzanforderungen, hinter denen vielfältige Regelungszwecke stehen können. Eine analytische Durchdringung dieses Rechtsphänomens in den repräsentativen Referenzgebieten des netzbezogenen Regulierungsrechts, des Energieumweltrechts und des EU-Kartellrechts ergibt ein Gesamtgemälde der Unternehmenseffizienz im Öffentlichen Recht. Die neue Rechtskategorie ruht auf vier Säulen, deren Bezugspunkte die Multifunktionalität der Unternehmenseffizienz, ihre Interdisziplinarität und Multifinalität sowie ihre Grundrechtsfestigkeit bilden. Mit der Multifunktionalität wird die Vielfalt der Erscheinungsformen unternehmensbezogener Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht zum Ausdruck gebracht. Sie begegnen den Wirtschaftsteilnehmern in den unterschiedlichsten Ausprägungen als Rechtspflicht, als Genehmigungsvoraussetzung, als Anreiz, als Auswahl- und Verteilungskriterium sowie als Einwand. Auf dieser Grundlage lässt sich eine regelrechte Gestaltungsformenlehre der Unternehmenseffizienz entwickeln. Das Charakteristikum der Interdisziplinarität ist bereits in dem Gestaltswandel von einem ökonomischen in ein juristisches Konzept angelegt. Dabei kommt es zur mannigfachen Rezeption ökonomischer Erkenntnisse im Recht. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Bestimmung des juristischen Effizienzbegriffs, als auch für die im Regelungskontext erfolgende Heranziehung ökonomisch fundierter Verfahren und Modelle. Dessen ungeachtet entspricht es dem Vorrang der juristischen Methode, dass das Recht bisweilen auch eigene Wege geht. Als kennzeichnend für die Multifinalität erweist sich im Weiteren, dass unternehmensbezogene Effizienzanforderungen auf eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungszwecke zurückgeführt werden können. Diese reichen von der Allokationseffizienz und der Verwirklichung des Binnenmarktes über den Klimaschutz bis hin zum Verbraucherschutz und dem Wettbewerbsziel. Das Charakteristikum der Grundrechtsfestigkeit schließlich bringt zum Ausdruck, dass die unternehmensbezogenen Effizienzanforderungen in den drei Referenzgebieten den grundrechtlichen Direktiven im Ergebnis stand halten. Der Anerkennung einer neuen Rechtskategorie der Unternehmenseffizienz im Öffentlichen Recht steht damit nichts mehr im Wege.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im öffentlichen Recht ; Unternehmenseffizienz als neue Rechtskategorie. Berlin : Duncker & Humblot. ISBN 978-3-428-13984-2
Ludwigs, Markus