Kaltgasspritzen hochaktiver photokatalytischer Schichten
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem Projekt wurden wichtige Erkenntnisse in Hinblick auf ein grundlegendes Verständnis von photokatalytisch wirksamen Titandioxidschichten auf Metallsubstraten gewonnen, sowohl in Bezug auf das Kaltgasspritzen als Herstellungsprozess als auch auf die funktionalen Schichteigenschaften. Es konnte aufgezeigt werden, unter welchen Voraussetzungen TiO2 durch Kaltgasspritzen auf unterschiedliche Metalle in Belegungsdichten von über 90 % aufgetragen werden kann. Die Anbindung der Partikel an das Substrat wurde in umfassenden, systematischen Studien unter Variation der Prozessparameter, des Substratwerkstoffs, der Substrattemperatur und der mechanischen Eigenschaften der Spritzpulver untersucht. Ein wesentliches Ergebnis ist, dass eine geeignete Qualifizierung/Bewertung der keramischen Pulver für das Kaltgasspritzen mittels kompressiver Belastungsmessungen durchgeführt werden kann. Dabei stellen die Pulvereigenschaften bzw. das Verformungsverhalten der keramischen Pulverpartikel den wesentlichen Einflussparameter für den Materialauftrag dar. Ein näherungsweise quasi-plastisches Verformungsverhalten der keramischen Partikel ist dabei eine wesentliche Vorsetzung für die Anbindung. In Abhängigkeit von den durch den Herstellungsprozess (z.B. Agglomeration und eventuelle Wärmebehandlungen) bereits eingestellten Eigenschaften kann das Verformungsverhalten durch Wärmebehandlungen zusätzlich beeinflusst werden. Weitere Einflussfaktoren ergeben sich durch den Substratwerkstoff, die Substrattemperatur und die Prozessparameter. Wie beim Aufbau metallischer Schichten durch Kaltgasspritzen müssen für eine erfolgreiche Anbindung spezifische, kritische Bedingungen beim Partikelaufprall überschritten werden. Im vorliegenden Fall betrifft dies die Partikelgeschwindigkeit und die Substrattemperatur. Der Bindemechanismus der agglomerierten Titandioxidpulver weist dabei Ähnlichkeiten zu dem des Aerosolspritzens (wird auch als Vakuum-Kaltgasspritzen bezeichnet) auf, durch welches verschiedene keramische Werkstoffe zu Schichten verarbeitet werden können. Die wesentliche Voraussetzung für die hohen photokatalytischen Aktivitäten der TiO2-Schichten ist der Erhalt der metastabilen Anatas-Struktur beim Kaltgasspritzen. Dies ist selbst bei Prozessgastemperaturen von bis zu 1000°C und schon im Spritzwerkstoff vorhandenen Rutilanteilen, die als Rutilisierungskeime wirken können, gewährleistet. Auch das nanokristalline Gefüge des Pulvers bleibt in den Schichten erhalten. In chemischen Abbauversuchen ist die Aktivität der kaltgasgespritzten Schichten ähnlich hoch wie die des Spritzpulvers. Auch weisen die kaltgasgespritzten TiO2-Schichten nur eine um 20 % geringere BET-Oberfläche als der TiO2-Spritzwerkstoff auf. In Folge von Phasenanteilen der inaktiven Rutilstruktur oder blockierten Oberflächen zeigen thermisch gespritzte oder durch Sol-Gel- Verfahren hergestellte TiO2-Schichten meist viel geringere photokatalytische Aktivitäten als die kaltgasgespritzten Schichten oder das Ausgangspulver. In der Reihe der verschiedenen photokatalytischen Prüfverfahren wurde nur für den Stickstoffmonoxid-Abbau eine Abhängigkeit der Aktivitäten kaltgasgespritzter Schichten von dem verwendeten metallischen Substratwerkstoff nachgewiesen. Photoelektrochemische Untersuchungen aus dem Bereich der solaren Wasserstofferzeugung zeigen, dass kaltgasgespritzte TiO2-Beschichtungen um den Faktor 5 bis 6 höhere Photostromdichten liefern als nasschemisch hergestellte Referenzschichten. Die Ergebnisse zum Schichtverschleiß zeigen, dass die kaltgasgespritzten TiO2-Schichten auch beständiger sind als Schichten, die mittels Sol-Gel-Techniken hergestellt wurden. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass sich das Kaltgasspritzen grundsätzlich sehr gut für die Herstellung photokatalytisch aktiver TiO2-Schichten eignet. Die kaltgasgespritzten TiO2-Schichten weisen gegenüber den mittels konkurrierender Verfahren hergestellten Referenzschichten eine sehr gute Kombination von photokatalytischer Aktivität und mechanischer Beständigkeit auf. Mögliche Anwendungspotentiale liegen in Bereichen der Abwasser- oder Luftreinigung und der solaren Wasserspaltung. Die innovative Art der Schichterzeugung und daraus resultierende Funktionseigenschaften führten zu einer positiven Resonanz des Fachpublikums und ermöglichten den Gewinn von drei ersten Preisen auf einschlägigen wissenschaftlichen Fachtagungen sowie des Hamburger INNOTECH-Preises 2010.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Formation of Cold-Sprayed Ceramic Titanium Dioxide Layers on Metal Surfaces, Journal of Thermal Spray Technology 20 (2010) 292-298
J.-O. Kliemann, H. Gutzmann, F. Gärtner, H. Hübner, C. Borchers, T. Klassen
- Cold Gas Spraying of Ceramics Using the Example of Titanium Dioxide, DVS-Berichte Bd. 276: Proceedings of the International Thermal Spray Conference (2011) 391-396, DVS Media GmbH, Düsseldorf
H. Gutzmann, S. Freese, F. Gärtner, T. Klassen
- Kaltgasspritzen photokatalytisch aktiver Titandioxidbeschichtungen, 1. Auflage, Optimus Verlag, Göttingen (2011)
J.-O. Kliemann
- Cold gas spraying of semiconductor coatings for the photooxidation of water, Proceedings of SPIE 8822 (2013) 8822-11
T. Emmler, H. Gutzmann, P. Hillebrand, M. Schieda, R. Just, F. Gärtner, P. Bogdanoff, I. Herrmann-Geppert, T. Klassen
- Photocatalytic degradation of oxalic and dichloroacetic acid on TiO2 coated metal substrates, Catalysis Today 209 (2013) 84-90
I. Ivanova, J. Schneider, H. Gutzmann, J.-O. Kliemann, F. Gärtner, T. Klassen, D. Bahnemann, C. Mendive
- Cold gas sprayed TiO2-based electrodes for the photo-induced water oxidation, ECS Transactions 58(30) (2014) 21-30
I. Herrmann-Geppert, P. Bogdanoff, H. Gutzmann, T. Dittrich, T. Emmler, R. Just, M. Schieda, F. Gärtner, T. Klassen
(Siehe online unter https://doi.org/10.1149/05830.0021ecst)