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Redistribution in Germany: Evidence and Guidance in an International Context

Subject Area Economic Policy, Applied Economics
Term from 2009 to 2014
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 157721258
 
Final Report Year 2016

Final Report Abstract

In der gesellschaftlichen wie auch in der politischen Debatte in Deutschland werden die Ausgestaltung der Sozialpolitik und das adäquate Ausmaß der Umverteilung seit jeher kontrovers diskutiert. Die jeweiligen politischen oder gesellschaftlichen Interessensverbände geben dabei vor, die aus Sicht der Bürger gewünschte Sozial- und Umverteilungspolitik zu kennen. Allerdings fehlt bis zu diesem Zeitpunkt eine detaillierte wissenschaftliche Untersuchung der Umverteilungspräferenzen deutscher Bürger. Während auf der einen Seite die Präferenzen der Bürger und deren Erfassung im Mittelpunkt stehen, werden in der einschlägigen Literatur verschiedene Faktoren, welche die Nachfrage der Bürger nach sozialstaatlicher Umverteilung bestimmen, kontrovers diskutiert. Das Projekt konzentriert sich auf ökonomische und verhaltensökonomische Erklärungsfaktoren. Die bisher existierenden nationalen wie internationalen Studien scheitern daran, die Befragten mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu konfrontieren. In Umfragestudien wird die Präferenz für Umverteilung über eine einfache Zustimmungsfrage erhoben. Dabei besteht die Gefahr, dass die Bürger einer höheren Umverteilung bedenkenlos zustimmen, ohne die dadurch auch für sie entstehenden Kosten zu berücksichtigen. Ein jedes Umverteilungssystem muss auch finanziert werden. Die Konsequenzen ihrer Entscheidungen auf ihr eigenes Einkommen und ihren eigenen Wohlstand müssen den Bürgern verständlich gemacht werden. Ohne eine Berücksichtigung der Kosten besteht die Gefahr, dass die Präferenzen der Bürger verzerrt ermittelt werden. Vor diesem Hintergrund war es ein erstes Ziel des Projekts, erstmals repräsentativ für Deutschland die Umverteilungspräferenzen der Bürger zu erfassen und in diesem Zusammenhang das optimale Budget zu bestimmen, das für Umverteilung zur Verfügung stehen sollte. Hierzu wurde erstmals im Rahmen der Finanzwissenschaft die Methode des Discrete-Choice-Experiments (DCE) verwendet. Diese Methodik erlaubt es, Befragte bei der Abstimmung über das Ausmaß der Umverteilung vor einen Zielkonflikt zu stellen und darüber hinaus die anteiligen Kosten einer höheren Umverteilung zu berücksichtigen. Insofern kann die verwendete Methodik zu einem großen Teil die Schwächen der bisherigen Literatur beheben und stellt damit auch eine Innovation in der wissenschaftlichen Methodik dar. Zudem können echte Zahlungsbereitschaften abgeleitet werden, die es gestatten, Aussagen über die finanzielle Belastung zu geben, welche die Bürger bereit sind, für eine höhere Umverteilung einzugehen. Ein zweites Ziel bestand darin, die relevanten ökonomischen und verhaltensökonomischen Faktoren zu untersuchen, welche die Präferenzen der Bürger für Umverteilung prägen. Die Ergebnisse zeigen, dass deutsche Bürger eine ausgeprägte Präferenz für eine Ausdehnung des Sozialstaates haben, die sich durch alle Einkommens- und Bildungsschichten zieht. Diese Präferenz ist mit der finanziellen Bereitschaft verbunden, einen großen Teil der dadurch entstehenden Kosten zu tragen. Konkret sind deutsche Bürger bereit, zusätzliche 0,6 %-Punkte ihres Bruttoeinkommens abzugeben, wenn dafür das Umverteilungsvolumen – ausgehend vom Status quo – um 1 %-Punkt angehoben wird. Der in dieser Arbeit festgestellte Umverteilungskonsens muss nicht zwingend dem ökonomisch und politisch sinnvollen Maß an Umverteilung entsprechen, da bspw. Zweit- oder Drittrundeneffekte nicht abgebildet werden. Grundsätzlich kann dieses Projekt dazu beitragen, bei der Gestaltung sozialpolitischer Reformen vermehrt die Präferenzen der Bürger mit zu berücksichtigen.

Publications

  • (2011) Discrete-Choice-Experimente zur Ermittlung der Präferenzen für Umverteilung, in: Jahrbuch für Wirtschaftswissenschaften 62 [3], S. 232–262
    Pfarr, C. und Ulrich, V.
  • (2013) Einkommen, Mobilität und individuelle Präferenzen für Umverteilung, Ein Discrete-Choice-Experiment, Beiträge zur Finanzwissenschaft, Bd. 30, Mohr Siebeck, Tübingen
    Pfarr, C.
  • (2014), Mutual Altruism: Evidence from Alzheimer Patients and Their Spouse Caregivers, in: Blomquist, G. C. und Bolin, K. (Hrsg.), Preference Measurement in Health, Advances in Health Economics and Health Services Research, Emerald Group Publishing Limited, Amsterdam
    König, M., Pfarr, C. und Zweifel, P.
  • (2014), Using Discrete Choice Experiments to Understand Preferences in Health Care, in: Levaggi, R. und Montefiori, M. (Hrsg.), Health Care Provision and Patient Mobility, Health Integration in the European Union, Developments in health economics and public policy, Bd. 12, Springer, Milano, S. 27– 48
    Pfarr, C., Schmid, A. und Schneider, U.
  • (2015) Redistribution through social health insurance: evidence on citizen preferences, in: European Journal of Health Economics
    Pfarr, C.; Schmid, A.
    (See online at https://doi.org/10.1007/s10198-015-0704-y)
 
 

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