Presentations of Family in Private Photography. German-Americans in the USA during the first half of the 20th century
Final Report Abstract
Das Forschungsprojekt untersuchte Familien deutscher USA-Auswanderer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt der als explorative Fallstudie angelegten Untersuchung stand die 1851 von Pommern nach Wisconsin ausgewanderte Familie Krueger. Den vorrangigen Quellenkorpus des Projektes bildeten autobiografische und andere Familiendokumente sowie ca. 800 Familienfotos aus den Jahren 1899 bis 1950, auf denen das Leben und das Arbeiten auf der Krueger-Farm in Wisconsin dokumentiert sind. Die Fotografien wurden mit der von Roswitha Breckner entwickelten Methode der 'Visuellen Segmentanalyse' interpretiert. Es handelt sich dabei um ein in den Prinzipien der hermeneutisch fundierten interpretativen Soziologie verankertes Verfahren, das in mehreren Analyseschritten verschiedene mit einem Bild verbundene Bedeutungs- und Sinngestalten erschließt. Unter Rekurs auf den ästhetischen Inszenierungsbegriff von Martin Seel und das Habituskonzept von Pierre Bourdieu, fragt die Studie nach der Inszenierung von Generationen- und Geschlechterverhältnissen, von Lebensphasen, des Verhältnisses von Arbeit und Freizeit und der auf all diesen Feldern stattfindenden sozialen und kulturellen Verortung. Mit diesem Forschungsprogramm ist die vorliegende Untersuchung im Schnittfeld von Historischer Bildungsforschung, Historischer Migrationsforschung und Familiensoziologie angesiedelt. Im Projekt konnte herausgearbeitet werden, dass die Bilderwelt, die den ambitionierten Hobbyfotografen Alex Krueger beeinflusste, die der Atelierfotografie der Jahrhundertwende war, dann aber auch die Bilderwelt in zeitgenössischen populären Zeitungen und Zeitschriften, in Büchern und auf Postkarten. Thematisch kreist die Fotografie in erster Linie um das (Familien-)Leben auf der Farm. Aber auch wenn Alex Krueger andernorts fotografiert, ist es die Position des Farmers, die seinen Blick auf Welt vor der Kamera strukturiert. Alex Krueger blieb in erster Linie Farmer, dem die Fotografie die Möglichkeit bot, den Aufstieg und Wohlstand der Familie sowie ihre Teilhabe an der amerikanischen Konsumkultur, deren deutlichster Ausdruck die Fotografie selbst ist, zu dokumentieren. Gleichzeitig pflegten die Kruegers die Erinnerung an ihre Herkunft. Dabei wird in den fotografischen Inszenierungen insbesondere auf handwerkliche Praxen rekurriert und die familiale Herkunft in einem handwerklich-bäuerlichen Milieu verortet. Gleichzeitig ist die gewählte Erinnerungspraxis des 're-enactment' typisch für die amerikanische Erinnerungskultur. Amerikanisierung und Erinnerung an die familiale Migrationsgeschichte bilden keine Gegensätze, sondern werden als miteinander verwobene Bestandteile familialer Identität präsentiert. Ein Konflikt zwischen alter und neuer Heimat zwischen Herkunfts- und Ankunftskultur ist an keiner Stelle erkennbar. Die im Rahmen des Projektes angefertigten Einzelbildinterpretationen konnten zeigen, dass die Inszenierung der Familie als harmonisch zusammen lebender und arbeitender Generationenverband nicht unerhebliche Brüche und Ambivalenzen aufweist: Der zu Wohlstand und Ansehen gelangten Farmerfamilie steht zwar die dingliche Ausstattung zur Verfügung, um ihren Erfolg nach außen hin zu dokumentieren, gleichwohl fehlt es an einer entsprechenden Habitualisierung, um den Erfolg selbstverständlich und souverän zu verkörpern. Zwar wird auf zahlreichen Fotos die patrilineare Generationenfolge als bruchloses Erbe von einer Generation 'Kruegermännern' zur nächsten inszeniert, doch erweist sich diese Inszenierung bei näherer Betrachtung als spannungsvolle Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Qualitäten: Aufstieg und (möglicher) Verfall, Kontinuität und (möglicher) Bruch, 'sich in die Reihe der Kruegermänner einordnen' und doch 'aus ihr hervorstechen' wollen. Ferner erscheint Kindheit als wohlausgestatteter, behüteter Schutzraum, der aber doch nur äußerst begrenzte Möglichkeiten der Selbstentfaltung und höchst eingeschränkte Perspektiven für die Gestaltung des Lebensweges bereithält. Solcherart Ambivalenzen können nur im Rahmen intensiver Einzelbildinterpretationen herausgearbeitet werden. Eine rein serielle Herangehensweise – so sinnvoll diese, z.B. bei der Herausarbeitung fotografischer Motive, selbstredend ist – kann diese Vielschichtigkeit familialer Inszenierungen nicht erfassen.
Publications
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Die deutsche Auswanderung in die USA. Familiäre Identitätsarbeit im Spiegel privater Fotografie. In: Bilstein, Johannes/Ecarius, Jutta/Keiner, Edwin (Hg.): Kulturelle Differenzen und Globalisierung. Herausforderungen für Erziehung und Bildung. Wiesbaden: VS Verlag 2011, S. 235-254
Götte, Petra
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Von der Tradition zur Erforschung von Tradierungsprozessen – Überlegungen zu Tradition und Tradierung aus familienhistorischer Perspektive. In: Baader, Meike Sophia/Götte, Petra/Groppe, Carola (Hg.): Familientraditionen und Familienkulturen. Theoretische Konzeptionen, historische und aktuelle Perspektiven. Wiesbaden: VS Verlag 2013, S. 13-32
Götte, Petra:
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Woher wir kommen oder: Wer wir sind – Thematisierungen der familialen Migrationsgeschichte in Texten und Fotografien deutscher USA-Auswanderer. In: Caruso, Marcel/Koinzer, Thomas/Mayer, Christine/Prien, Karin (Hg.): Zirkulation und Transformation. Pädagogische Grenzüberschreitungen in historischer Perspektive. Köln u.a.: Böhlau 2014, S. 231-253.
Götte, Petra