Gleichheitsorientierte Politiken: Exploration eines neuen Ansatzes für vergleichende Forschung im Bereich Sozialpolitik
Final Report Abstract
Das Projekt zielte darauf, den Begriff der „gleichheitsorientierten Politiken“ zu entfalten und auf seine Tauglichkeit zu erproben für eine interdisziplinär und vergleichend ausgerichtete Wohlfahrtsstaatsforschung. Der Begriff umfasst rechtsförmige und andere Politiken. Er ist insofern enger als das gängige Verständnis von Sozialpolitik, als er stets eine Orientierung am Gleichheitsziel voraussetzt. Umgekehrt umfasst er auch solche generellen Gleichheitsnormen, wie sie insbesondere in Verfassungen vorkommen, ihrer Verfestigung wegen aber kaum einmal als Sozialpolitik wahrgenommen werden. Weiter konturiert ist der Begriff ferner, indem zum einen die regulative, zum anderen die distributive Dimension solcher Politiken betrachtet und aus den entsprechenden Kombinationen vier Grundkategorien gebildet wurden. Das Projekt hat den diesen Begriff der „gleichheitsorientierten Politiken“ weiter ausgearbeitet – zunächst mit dem Ziel, den durch ihn definierten Ausschnitt politischer Aktivitäten systematisch erfassen zu können. Im Projektkontext sind eine Reihe von Bestandsaufnahmen der gleichheitsorientierten Politiken unterschiedlicher Akteure, überwiegend Staaten, teils aber auch internationaler Akteure entstanden. Ein Nebeneffekt dieser differenzierten Beschreibungen war, dass mit ihrer Hilfe einige gängige Stereotype über die betrachteten Systeme überprüft werden konnten. Vor allem jedoch sollte die systematische Erfassung gleichheitsorientierter Politiken als Ausgangspunkt weitergehender Analysen dienen. Der veränderte Perspektive, so die Hoffnung, sollte helfen, neue Gemeinsamkeiten, Zusammenhänge und Handlungsoptionen zu erkennen. Diese drei Erkenntnischancen sollten im Rahmen des Projekts immerhin exemplarisch erkundet werden. Zum einen wollten wir den Begriff der gleichheitsorientierte Politiken zur vergleichenden Ermittlung von Systemcharakteristika verwenden mit dem Fernziel, eine Typologie von Gleichheitsregimen zu entwickeln. Dazu wurden die entsprechenden Politiken unterschiedlicher (Akteure, und zwar zunächst einmal) Staaten untersucht – allerdings aufgrund des großen Aufwands, der mit diesen Studien verbunden ist, noch nicht in ausreichend hoher Zahl, um bereits über Typologien zu spekulieren. Das wird deutlich länger dauern, als im Rahmen des Projekts möglich war. Immerhin jedoch sind die bisherigen Ergebnisse durchaus ermutigend, sodass wir dieses Fernziel weiter verfolgen werden. Zum anderen war unsere Erwartung, dass die Gesamtschau der auf neue Weise erfassten Politiken auch neue Zusammenhänge zwischen diesen erkennbar machen würde. Besonders einem solchen Zusammenhang sind wir sehr intensiv nachgegangen – nämlich dem zwischen Politiken, die Gleichheit dadurch verfolgen, dass sie einzelne Individuen begünstigen, indem sie andere belasten. Solche bislang allenfalls einzeln wahrgenommene Politiken als übergreifenden Typus identifiziert zu haben, erwies sich als fruchtbar für eine Reihe daran anknüpfender Arbeiten innerhalb des Projekts. Dies stimmt hoffnungsvoll und regt dazu an, unser Konzept in dieser Weise weiterhin und auch auf andere Zusammenhänge anzuwenden. Schließlich versprachen wir uns von dem neuen Analysebegriff drittens, dass die systematische Erfassung des Spektrums verfügbarer Politiken auch die Auswahl geeigneter Handlungsoptionen fördern könnte. Auch dies haben an einem Fall exemplarisch vorführen können. Die entsprechende Arbeit befasst sich mit den kognitionswissenschaftlich begründeten Zweifeln an der Wirksamkeit vieler Diskriminierungsverbote und erörtert vor diesem Hintergrund, welche Kombination von gleichheitsorientierten Politiken eher indiziert erscheint. Auch diese Einsatzmöglichkeit unseres Begriffs scheint uns wert, auf andere Kontexte erstreckt zu werden.
Publications
- „Equality-Oriented Policies: A New Concept in Public Policy?“ SSRN
Alexander Graser
(See online at https://dx.doi.org/10.2139/ssrn.2220289)