Entstehung und Dynamik fluvialer Hindernismarken
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Strömungsexponierte Pflanzen, Gerölle oder Felsen stellen ubiquitäre Hindernisse in Fließgewässern dar, welche die lokalen Strömungsmuster signifikant beeinflussen. Resultierende turbulente Wirbelstrukturen schaffen Bereiche potentieller Erosion und Deposition, die in Abhängigkeit von den Randbedingungen zur Entstehung von Gerinnebettformen führen. Diese zeichnen sich typischerweise durch einen frontalen Kolk (Erosion) und einen nachfolgenden spitz zulaufenden Sedimentrücken (Deposition) aus und werden hier als 'fluviale Hindernismarken' (engl. Obstacle Marks) bezeichnet. In einer Serie systematischer Experimente in einem hydraulischen Versuchskanal (als Modell eines Fließgewässers) konnte gezeigt werden, dass bei der Entstehung fluvialer Hindernismarken Strömungsfelder, Sedimentbewegung und die sich verändernde Topographie in einem dynamischen Zusammenhang stehen, was eine nicht-lineare Formenentwicklung zur Folge hat. Bei den experimentellen Studien wurden vor allem überströmte Hindernisse untersucht, da hier bisher kaum Grundlagendaten vorlagen. Aus den Prozessstudien im Versuchskanal ließen sich analytische Modelle ableiten, welche die hydraulischen und sedimentären Randbedingungen sowie die Hinderniseigenschaften in einen mathematischen Zusammenhang mit den Dimensionen fluvialer Hindernismarken bringen. Diese Modelle konnten durch die Einbindung existierender Datensätze anderer Autoren sowie durch eigene Geländestudien in Spanien und Frankreich erfolgreich validiert werden. Dabei konnte gezeigt werden, dass im Gegensatz zur etablierten Vorstellung in der Fluidmechanik, die Bedeutung der Turbulenz der lokalen Anströmung (Hindernis-Reynoldszahl) bislang unterschätzt wurde. Umgeformt lassen sich die neu entwickelten analytischen Modelle verwenden, um Fließgeschwindigkeiten anhand von Kolkdimensionen zu bestimmen. Dadurch lassen sich fluviale Hindernismarken auch skalenübergreifend als paläohydraulische Indikatoren verwenden. Anhand von Beispielen großer konservierter pleistozäner Kolkstrukturen konnte dieses beispielhaft verdeutlicht werden. Die Forschungsarbeiten haben weiterhin gezeigt, dass mechanische Anpassungen von solitären holzigen Auepflanzen die Ablagerung von Sedimentrücken im Lee begünstigen, während die Gefahr einer Entwurzelung durch Kolkerosion bei Strömungsexposition der Pflanze reduziert wird. Diese biologischen Adaptionen können sogar die Entstehung von Pionierinseln begünstigen, welche dann wiederum durch junge Pflanzen besiedelt und stabilisiert werden. In diesem Fall fungieren derartige Auepflanzen als sogenannte 'Ökosystemingenieure', denn sie beeinflussen gezielt die Morphologie von Fließgewässern und schaffen dabei neue Lebensräume für andere Organismen. Das Projekt verlief ohne besondere Komplikationen. Die Anzahl der Versuche konnte durch den erarbeiteten Erfahrungsschatz reduziert werden, ohne dass ein negativer Einfluss auf die Projektziele eintrat. Insbesondere in Bezug auf die Eigenschaft von Auepflanzen als Ökosystemingenieure und den damit verbundenen Wechselwirkungen zwischen physischen und biologischen Prozessen haben sich im Projektverlauf neue Perspektiven für weiterreichende und vielversprechende Forschungsprojekte und Kooperationen aufgetan.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2011): Der Japanische Staudenknöterich als „Ökosystemingenieur“ in Flussauen. In: Geographische Rundschau 63, H. 3, S. 59
Euler, T.
- (2011): Obstacle-Reynolds-number based analysis of local scour at submerged cylinders. In: Journal of Hydraulic Research 49, S. 267-271
Euler, T. & J. Herget
(Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1080/00221686.2010.547719) - (2012): Controls on local scour and deposition induced by obstacles in fluvial environments. In: Catena 91, S. 35-46
Euler, T. & J. Herget
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.catena.2010.11.002)