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Neurophysiologische und neurokognitive Charakterisierung der Basalganglien-Kortex-Interaktionen beim Tourette-Syndrom und deren Modulierbarkeit durch Tiefe Hirnstimulation thalamischer Kernregionen

Applicant Dr. Jens Kuhn
Subject Area Clinical Neurology; Neurosurgery and Neuroradiology
Term from 2010 to 2014
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 101434521
 
Final Report Year 2020

Final Report Abstract

Das Teilprojekt 7 der klinischen Forschungsgruppe 219 widmete sich den zugrundeliegenden Defiziten der Inhibition von Tics bei Patient*innen mit Tourette-Syndrom und wie diese durch die Anwendung der tiefen Hirnstimulation des Thalamus verändert werden können. Aus der Fragestellung ergaben sich zwei Teilstudien, eine grundlagenwissenschaftliche, elektrophysiologisch und auf Verhaltensebene orientierte Untersuchung sowie eine „sham-kontrollierte“ klinische Studie zur Wirksamkeit der tiefen Hirnstimulation im medialen Thalamus hinsichtlich der Reduktion von Tics und der Steigerung der assoziierten Lebensqualität von Patient*innen mit Tourette Syndrom Die Untersuchungen ergaben dabei, dass der mediale Thalamus entscheidend bei der Verarbeitung von positivem und negativem Feedback involviert ist, was wiederum in Form des Verstärkungslernen in der Entstehung und Aufrechterhaltung von Tics eine wesentliche Rolle spielt. Zudem konnte gezeigt werden, dass bei Patient*innen mit Tourette-Syndrom das Unterbrechen von motorischen Handlungen im Vergleich zu gesunden Kontrollen elektrophysiologisch unterschiedlich prozessiert wird. Hierbei zeigte sich, dass Patient*innen durch kompensatorisch erhöhte Aktivität in Arealen der Handlungskontrolle vergleichbare Ergebnisse in der Unterbrechung von motorischen Antworten wie gesunde Proband*innen erreichen können. Die klinische Studie ist auf Grund von Rekrutierungsverzögerungen im März 2019 mit Verzögerung abgeschlossen worden. In einer vorläufigen Analyse der Ergebnisse zeigte sich, dass die tiefe Hirnstimulation thalamischer Zielgebiete die Schwere von Tics nach 6 und 12 Monaten signifikant reduziert bei gleichzeitigem signifikantem Anstieg der Lebensqualität. Die vorläufigen Ergebnisse der doppelt-verblindeten Untersuchung des klinischen „Outcomes“ zeigen, dass die beobachtete Verbesserung der Ticsymptomatik auf die aktive Stimulation zurückzuführen ist. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass funktionelle und strukturelle Verbindungen der Stimulationsregion zu einem Netzwerk bestehend aus prämotorischen und sensorischen Arealen mit einer signifikant besseren Reduktion von Tics einhergehen. Insgesamt erbringen die Analysen und Ergebnisse des Teilprojektes 7 einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Pathophysiologie des Tourette-Syndroms und der neuromodulativen Beeinflussungsmöglichkeiten, auch auf klinischer Ebene. Neben der Entwicklung neuartiger wirksamer Therapieverfahren sind wesentliche Erkenntnisse über die neurobiologischen Grundlagen von Ticstörungen gewonnen worden. Die weitere Etablierung der tiefen Hirnstimulation als Behandlungsmöglichkeit für schwere, therapierefraktäre Verläufe wird durch unsere Arbeiten vorangetrieben und stellt zunehmend eine zusätzliche Behandlungsoption in der Patient*innenversorgung dar. Das öffentliche Interesse an dieser innovativen und möglicherweise effektiven Behandlungsstrategie spiegelt sich auch in einem Beitrag in der Sendung „Visite“ des Norddeutschen Rundfunks (NDR) wieder, in der ein Patient der Studie mit sehr erfreulichem Verlauf begleitet wurde.

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