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Holozäne Gletscher- und Klimadynamik in den Southern Alps/Neuseeland

Subject Area Physical Geography
Term from 2006 to 2011
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 14414639
 
Final Report Year 2009

Final Report Abstract

Hochgebirgsgletscher gelten als ideale Indikatoren für Klimaänderungen. Sie unterliegen jeweils spezifischen "glaziologischen Regimen", d.h. klimatische Einflussfaktoren können regional eine unterschiedliche Gewichtung besitzen. Zur Verbesserung der Interpretation als Klimazeugen sollte der Wissensstand zur regionalen Differenzierung durch die Forschungsvorhaben erweitert werden. Im Fokus stand die Charakteristik maritimer Gletscher in den Southern Alps auf Neuseeland und im maritimen Südnorwegen. Die Zeitskala umfasste sowohl die aktuelle glaziale Dynamik, als auch die holozäne Gletscherchronologie. Hauptursache der uneinheitlichen altholozänen Gletschergeschichte in den beiden Untersuchungsgebieten sind die im nordatlantischen Sektor noch bis 8.200 Jahren vor heute aufgetretenen Schmelzwasserausbrüche des abschmelzenden nordamerikanischen Laurentischen Eisschilds in den Nordatlantik und die dadurch verursachten, primär regional wirksamen Veränderungen der Meereszirkulation und -temperaturen. Während in Südnorwegen zwei bedeutende Hochstandsphasen vor dem durch ein komplettes Abschmelzen der Gletscher gekennzeichneten "Hypsithermal" ausgewiesen werden können, gibt es für Neuseeland keine gesicherten Anzeichen glazialer Aktivität während des gesamten Zeitraums. Der Ansatz der "Neoglaciation" ca. 6.000 Jahre vor heute fällt in beiden Untersuchungsregionen mit einer Intensitätssteigerung der zonalen westlichen Luftströmung zusammen. Das Jungholozän ist jeweils zweiphasig, denn ab 2.500 Jahren vor heute erhöhten sich Magnitude und Frequenz der Gletscherhochstände. In Südnorwegen wurde in der jüngsten Hochstandsphase ("Kleine Eiszeit") das Maximum der glazialen Aktivität erreicht. In den Southern Alps erreichten viele Gletscher ihre maximale Ausdehnung schon zuvor während einer der drei vorausgegangenen Hochstandsphasen. Die Anzahl spätholozäner Hochstände, das Maximums der "Kleinen Eiszeit" und v.a. das Gletscherverhalten im 20. Jahrhundert zeigt deutliche Parallelen. Zusätzlich fallen (jung)holozäne Vorstoßphasen übereinstimmend in Zeitabschnitte starker zonaler Zirkulation und gesteigerter (Winter-)niederschläge. Zu den aus den Untersuchungen abgeleiteten Charakteristika maritimer Hochgebirgsgletscher zählt ihre sensitive Reaktion auf Klimaveränderungen, Resultat u.a. des hohen Massenumsatzes. Im Analogschluss von Ablauf und Ursachen eines parallelen Vorstoßes Ende des 20.Jahrhunderts kann davon ausgegangen werden, dass Schwankungen einer Zeitskala von einem oder wenigen Jahrzehnten ausreichen, bedeutende Hochstände zu generieren. Der (Winter)Niederschlag ist dabei der entscheidende, treibende Klimafaktor. Langfristige Schwankungen der Lufttemperatur im Zeitrahmen von Jahrhunderten liefern als Grundvoraussetzung zwar den Rahmen für die Hochstände, lösen selbst aber keine bedeutenden Vorstöße aus. Dieses Muster erklärt z.B. die während der „Kleinen Eiszeit“ aufgetretenen Unterschiede zwischen Südnorwegen und dem Raum der Europäischen Alpen. Die Besonderheiten maritimer Gletscher werden in Modellen, welche in anderen Regionen entwickelt wurden, meist nicht ausreichend berücksichtigt. Zusätzlich stellt die Variabilität des maritimen glaziologischen Regimes mit unterschiedlichen Erklärungsmustern für (niederschlagsgesteuerte) Vorstoß- und (temperaturgesteuerte) Rückzugsphasen einen Unsicherheitsfaktor dar, da oft mit langjährigen Mittelwerten als Input-Daten operiert wird. Bei Vergleichsstudien muss stets überprüft werden, ob tatsächlich ein regional unterschiedlicher Klimatrend vorliegt, oder stattdessen eine auf das differente glaziologische Regime zurückzuführende unterschiedliche Reaktion auf identische Veränderungen bestimmter Klimafaktoren. Seit dem Jahr 2000 ist in Südnorwegen mit der Entkoppelung von Längenänderung und Massenhaushalt ein ungewöhnliches Verhalten aufgetreten, welches mit keinem der bisher gültigen Erklärungsmuster und Modelle nachvollzogen werden kann. Dies ist ein Indiz für einen durch den anthropogenen Klimaeinfluss verursachten, unumkehrbaren Klimawandel außerhalb der bisher bekannten natürlichen Variationen. Auf Neuseeland stoßen durch erhöhte Niederschläge auch im Jahr 2008 noch einige Gletscher vor, doch wird die aktuelle Gletscherentwicklung dadurch verkompliziert, dass einige große Talgletscher durch die Ausweitung proglazialer Seen glazialdynamisch und weitgehend klimaunabhängig einem starken Rückzug unterliegen. Dies darf nicht als West-Ost-Gradient fehlinterpretiert werden.

 
 

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