Englisch in Neufundland - die Rolle traditioneller Dialekte im 21. Jahrhundert
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die in der 1. Projektphase konnten zwei Corpora zu umgangssprachlichen Formen des neufundländischen Englisch kompiliert werden. Corpus 1 besteht aus Archivmaterial des Archivs MUNFLA der Memorial University, St. John's. Es umfasst ca. 260.000 Wörter, die Aufnahmen entstanden in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Corpus 2 wurde von der Projektleiterin konzipiert und mit Hilfe von lokalen Interviewern kompiliert. Es handelt sich um knapp 40 Interviews mit Personen aus einem kleinen Ort ca. 30 km nördlich von St. John's, der Hauptstadt Neufundlands. Dieses Corpus umfasst ebenfalls ca. 260.000 Wörter und ist nach soziologischen Parametern (Alter, Geschlecht, Religion) stratifiziert, so dass statistische Analysen der verschiedensten morphosyntaktischen Merkmale möglich sind. Ebenso können in den meisten Bereichen Vergleiche der Corpora miteinander durchgeführt werden. Im 2. Teil des Projekts wurde vor allem ein Phänomen näher untersucht: sog. Nullsubjekte, also das Fehlen von overten Subjektpronomen, die im Standardenglischen realisiert werden müssen. Dabei wurden sowohl qualitative als auch quantitative Studien durchgeführt. Letztere haben Probleme und deutliche Mängel an den zur Verfügung stehenden Analysewerkzeugen (Computerprogramme für statistische Analysen) aufgezeigt, die in der ungleichmäßigen Verteilung der beiden zu untersuchenden Varianten (Nullsubjekte machen nur ca. 3-5% aller pronominalen Subjekte aus) begründet sind. Diese Probleme dienen als Anstoß für aktuelle Diskussionen und weitere Studien der Projektleiterin. Detaillierte Analysen von Nullsubjekten der 1. Person haben gezeigt, dass ein bislang nicht beachteter Parameter eine große und vielleicht sogar die wichtigste Rolle bei der (Nicht-)Realisierung von Subjekten spielt: aus Studien zum Erstspracherwerb kennen Forscher eine Komplexitätsregel, die einen Zusammenhang zwischen Subjektspräsens und Komplexität / Länge der Verbalphrase herstellt - je komplexer die Verbalphrase, desto wahrscheinlicher ist eine Nullrealisierung des Subjekts. Diese Regel wurde von der Projektleiterin erstmals kategorisch außerhalb des Erstspracherwerbs überprüft. Außerdem konnte gezeigt werden, dass Persistenzphänomene, wie sie in vielen anderen Bereichen beobachtet worden sind, auch bei der Realisierung von Subjekten eine Rolle spielen: ein Nullsubjekt folgt eher einem Null- als einem overten Subjekt. In anderen Bereichen konnte Ergebnisse für andere Sprachen (z.B. Spanisch) bestätigt werden, wenn auch mit leichten Abweichungen: ein Referenzwechsel allein ist nicht ausschlaggebend für die overte oder Nullrealisierung eines Subjekts. Vielmehr spielt die Frage eine Rolle, ob dieses Subjekt das 1. in einem Sprecherturnus ist. Weitere untersuchte Bereichen befassen sich mit der Verbsemantik (Aktionsverben favorisieren Nullsubjekte), Alter der Sprecher (Nullsubjekte sind häufiger in jüngeren Altersgruppen) und Position des Subjekts (Nullsubjekte sind in erster Position am wahrscheinlichsten).
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Wagner S., April 2008 Frequencies, quality and quantity - how best to analyse null subjects in English. . Paper to be presented at the 17th Sociolinguistics Symposium, University of Amsterdam, The Netherlands.
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Wagner S., Oct 2007 Null subjects in English - economically motivated? Paper presented at the 36>h Conference on New Ways of Analysing Variation (NWAV 36), Philadelphia/PA, United States.
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Wagner S., July 2006 What's after happening? Paper presented at the 16th Sociolinguistics Symposium, University of Limerick, Ireland.
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Wagner S., July 2007 Can't say I did and Don't think I do - non-overt first person singular reference in Newfoundland English. Paper presented at the Second International Conference on the Linguistics of Contemporary English, University of Toulouse, France.
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Wagner S., June &Aug 2005 The Tocque formula and Newfoundland English. Paper presented at the First International Conference on the Linguistics of Contemporary English, University of Edinburgh, Scotland, and at the XIIth International Conference on Methods in Dialectology, University of Monoton, Canada.
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Wagner S., Oct & Nov 2006 Go to many weddings? - Situational ellipsis in Newfoundland English. Guest talk at Memorial University of Newfoundland, St. John's, Newfoundland, Canada, and paper presented at the 35th Conference on New Ways of Analysing Variation (NWAV 35), Columbus/OH, United States.
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Wagner S., Unstressed periphrastic do - from Southwest England to Newfoundland? English World-Wide 28: 249-278.
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Wagner S., Why quantity isn't quality - some caveats about analysing lowfrequency variables. Paper to be presented at the XIIIth International Conference on Methods in Dialectology, University of Leeds, England.
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Wagner S., with Bernd Kortmann. A Fresh Look at Late Modern English Dialect Syntax. In: Perez-Guerra, Javier, Dolores Gonzalez-Alvarez, Jorge L. Bueno-Alonso and Esperanza Rama-Martinez (eds.), Of Varying Language and Opposing Creed. New Insights into Late Modem English, 279-300. Bern/Frankfurt: Peter Lang.
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Wagner S., with Lieselotte Anderwald. The Freiburg English Dialect Corpus (FRED) - Applying Corpus-Linguistic Research Tools to the Analysis of Dialect Data. In: Beal, Joan, Karen Corrigan and Herman Moisl (eds.), Creating and Digitizing Language Corpora: Vol. I: Synchronic Databases. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 35-53.