Oper, Tonbild und Film d'Art. Das musikalische Drama im "Stummfilm"
Final Report Abstract
Die Analogiebildung zwischen einem mit – insbesondere eigens komponierter – Musik begleiteten Stummfilm und der Oper ist in Europa eine vor allem deutsche Perspektive. Sie ist ohne Richard Wagners Konzeption des musikalischen Dramas als Gesamtkunstwerk undenkbar. In Italien, wo solistischer Gesang (der in der Filmmusik die Ausnahme bildet) als essentieller Bestandteil der Oper verstanden wurde und in Frankreich, wo die Oper im System der theatralischen Gattungen nicht den gleichen Platz einnahm, wurden Filme mit eigens komponierter Musik hingegen auch zu anderen musikalischen Gattungen wie der Symphonischen Dichtung, dem Oratorium, der Pantomime und dem Ballett selbst dann in Beziehung gesetzt, wenn eine etwa für einen Komponisten wie Pietro Mascagni naheliegende, jedoch durch die Dramaturgie des Films vorgegebene Orientierung an der Struktur einer Oper offensichtlich vorliegt. Ein Grund dafür, dass die Oper vielfach zum Vergleich herangezogen wurde, obwohl Gesang zur Begleitung von Filmen eine Ausnahme bildete, liegt darin, dass eine nicht geringe Zahl von frühen Filmen auf Sujets, die durch die Oper bekannt waren, zurückgreift. War bisher für die ersten beiden Jahrzehnte eher summarisch eine große Anzahl solcher „Opern auf der Leinwand“ angenommen worden, so konnte durch eine Autopsie zahlreicher Filme gezeigt werden, dass (abgesehen von Tonbildern und Lichtspielopern) einerseits nur vergleichsweise wenige dieser Filme tatsächlich primär auf die Oper rekurrieren, andererseits Filme, in denen dies der Fall ist ebenso wie auch jene künstlerischen Filme, die sich nach dem Vorbild der Oper in der Vermarktung einer Medienkombination mit Klavierauszügen, Libretti und Leitmotivtafeln bedienen, zusammen mit der Musik einen zentralen Beitrag zur Herausbildung eines künstlerischen Films als „Gesamtkunstwerk“, zu einem Rezeptionsmodus kompilierter Filmmusik als ein Netz intertextueller Verweise und zur Entstehung originaler komponierter Filmmusik leisten.
Publications
- Goethes Faust als Tonbild. In: Goethe und die Musik. Hg. von Walter Hettche und Rolf Selbmann. Würzburg: Königshausen & Neumann 2012, S. 93-109
Huck, Oliver