Korrelierter Spin Transport und Spin Manipulation in Graphen und Quanten Spin Hall Isolatoren
Final Report Abstract
Die fortlaufende Miniaturisierung halbleitender Strukturen mit gleichzeitig verbesserten Materialeigenschaften öffnen neue Wege für zukünftige Elektronik. Wenn solche Strukturen auf die Größe der Wellenlängen der Elektronen im Wirtmaterial schrumpfen, werden bei tiefen Temperaturen Quanteneffekte wichtig, was sich durch Interferenz sowie quantisierten Ladungs- und Spintransport in niederdimensionalen Systemen bemerkbar macht und welche Gesetzen gehorchen, die substantiell von denen der klassischen Physik abweichen. Das Studium solcher Effekte in neuen Materialien mit ungewöhnlichen oder sogar exotischen Eigenschaften definiert das Forschungsfeld Quantentransport in meso- oder nanoskopischen Systemen. In diesem Emmy-Noether-Projekt haben wir Ladung und Spineigenschaften der kürzlich gefundenen niederdimensionalen Systeme Graphen – eine Einzellage Graphit – und topologische Isolatoren (TIs) untersucht. TIs sind Materialien mit einem isolierenden Volumen, die jedoch an ihren Oberflächen bzw. Rändern leitende Zustände besitzen, die einen gewissen Schutz gegenüber Verunreinigungen aufweisen, der in der Topologie der elektronischen Bandstruktur der Materialien begründet liegt. In zweidimensionalen Elektronengasen treten solche Randzustände im bekannten Quanten-Hall-Effekt auf, der sich in einem senkrechten Magnetfeld einstellt. Ohne Magnetfeld können sich die dazu nötigen chiralen Randzustände nicht ausbilden. Jedoch können sich in Materialien mit starker Spin-Bahn-Wechselwirkung (WW) robuste helikale Randzustände (HRZ) (auch Dirac-Zustände genannt) ausbilden, in denen Elektronen mit beiden Chiralitäten (Ausbreitungsrichtungen) existieren, wo jedoch die Richtung des Elektronenspins an die Ausbreitungsrichtung gekoppelt ist. Dies führt zu dem in der Gruppe von Laurens Molenkamp in Würzburg in HgTe-basierten Quantentrögen erstmals gemessenen Quanten-Spin-Hall-Effekt, der ganz ohne Magnetfeld auskommt. In Zusammenarbeit mit Theoretikern und Experimentalphysikern an der Uni Würzburg und an der TU Braunschweig haben wir in diesem Projekt Interferenzeffekte in Ringen, mögliche Rückstreuprozesse in HRZs aufgrund unelastischer Streumechanismen wie Elektron-Elektron-WW und Elektron-Phonon-WW, sowie die Kopplung von HRZs an magnetische Elemente untersucht. Dies führte zu charakteristischen Voraussagen für zukünftige Transportexperimente, welche eine noch genauere Charakterisierung solcher neuartigen Rand- sowie Volumenzustände ermöglichen würden. Dies ist wichtig, falls solche Systeme in zukünftigen elektronischen Schaltungen, wo neben der Ladung auch der Spinfreiheitsgrad der Ladungsträger eine Rolle spielt, verwendet würden. Weitere Untersuchungen sind in Hybridsystemen (HS) mit Supraleitern gemacht worden. Die in den helikalen Oberflächenzuständen durch die Supraleitung induzierten Paarungsterme können dabei ungewöhnlich sein. Dies führt zu komplett neuen Transportsignaturen durch solche HS. Unter gewissen Bedingungen können sich am Rand solcher Hybridstrukturen sogenannte gebundene Majoranazustände (GMZ) ausbilden. Diese Quasiteilchen sind ihre eigenen Antiteilchen und verhalten sich anders als Fermionen und Bosonen unter paarweiser Vertauschung – man spricht dabei von Flechten (engl. “braiding”). GMZs werden zur Zeit ausführlich für die Basis eines fehlertoleranten topologischen Quantencomputers untersucht. Wir haben eindeutige Merkmale von sich überlappenden GMZs im Ladungstransport (Leitwert und Rauschen) durch Netzwerke solcher Zustände gefunden. Graphen, Kohlenstoffnanoröhren und halbleitende Quantendrähte in Kontakt mit einem Supraleiter wurden experimentell von mehreren Gruppen weltweit als Cooper-Paar-Teiler untersucht, wobei die Coulomb-WW zwischen den Elektronen eines Paares ausgenutzt wurde, um die beiden Elektronen in einem Transportexperiment räumlich zu trennen. In Graphen ist die Spin-Bahn-WW schwach, so dass der Elektronenspin einen guten quantenmechanischen Freiheitsgrad darstellt. Ein anderer Pseudospinfreiheitsgrad verknüpft mit den beiden Dirac-Kegeln (engl. “Dirac cones“ oder “valleys“) kann jedoch benutzt werden, um Cooper- Paare über “valley“-chirale Kanäle in Bilagengraphen zu trennen. Dies haben wir in dem Projekt vorgeschlagen und theoretisch analysiert. Obwohl der “valley“-Freiheitsgrad an die Laufrichtung der Elektronen im Kanal gebunden ist, kann der Elektronenspin immer noch verschränkt sein, was den Vorschlag potentiell interessant für die Quanteninformation mit Elektronenspins in Bilagengraphen macht. Das Projekt hat wichtige Einblicke in diese neuen faszinierenden Materialien Graphen und TIs geliefert, welche, neben der Bedeutung für die Grundlagenforschung, auch für den Nutzen dieser in neuen elektronischen Bauteilen in Zukunft wichtig sein könnten. Die Resultate aus diesem Projekt haben auch zu neuen DFG-Projekten geführt, in welchen die Fragestellungen aus dem Projekt weiterverfolgt und ausgedehnt werden können.
Publications
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(See online at https://doi.org/10.1103/PhysRevB.95.075438)