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Wissenschaftliche Erstausgabe der Schriften Julius Wilhelm Zincgrefs, hier Band IV: "Apophthegmata teutsch" (2 Teilbände)

Fachliche Zuordnung Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2009 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 120790131
 
Der jetzt abgeschlossene Band IV der Zincgref-Ausgabe enthält die autoreigenen Apophthegmen-Sammlungen von 1626 (Teil 1) und 1631 (Teil 2). Einmal mehr und in diesem Falle in herausragender Weise kann der Band belegen, dass sich Zincgrefs Bedeutung keineswegs darin erschöpft, nur Herausgeber der ersten Ausgabe der "Teutschen Poemata" des M. Opitz und des darin mitvermittelten "Anhangs" mit deutschen Gedichten anderer und von ihm selber zu sein. Bereits die Edition der "Facetiae Pennalium" (Band lll der "Gesammelten Schriften") und der "Emblemata ethico-politica" (Band 11) wusste Zincgref als gesellschaftskritisch-satirischem und als politisch-paränetischem Autor ein eigenes Profit am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges, zumal in der Pfalz, zu sichern. Darüber hinaus vermag ihn nun die Edition der "Apophthegmata teutsch" als einen repräsentativen Vertreter jenes "Kulturpatriotismus" zu erweisen, der sich im politischen Kontext der protestantisch-reformierten Erfahrungen der 'deutschen Misere' nicht zuletzt als kulturpolitische Gegenkraft zu behaupten suchte. Speziell in den beiden Teilen der deutschen "Apophthegmata" gedachte Zincgref in memorialkultureller Absicht die schon Mitte der zwanziger Jahre im Reich verloren geglaubte Sache des Calvinismus dem geschichtlichen Kollektivgedächtnis anvertrauen zu sollen. Die "Apophthegmata teutsch" - Sammlungen der ‚Aussprüche' der Deutschen vom ersten deutschen Papst und ersten deutschen Kaiser bis zum zeitgeschichtlich-aktuellen Outcast ebenso wie zu den "uralten Teutschen" der geschichtlichen Vorzeit - sind ein Geschichts- und Gedenkbuch aus dem 'Geist des Protestantismus', insonderheit des Calvinismus, und zwar eines 'humanistisch erweichten Calvinismus'. Zincgrefs Rekurs auf das Apophthegma als literarische Gattung des geschichtsmächtigen Topos "historia magistra vitae" ist dafür ein treffsicheres so gut wie signifikantes Medium. Konnte er sich dabei doch der eigenwilligen Bedeutungen der großen Gattungstradition im europäischen Humanismus - an erster Stelle mit Erasmus von Rotterdam - und des generischen Musters durch den Archegeten der Gattung, Plutarchos von Chaironeia, versichern. Die Edition bietet den Text der Erstausgaben von 1626 und 1631, wobei das der Edition jeweils zugrunde gelegte Exemplar nur nach zeitinvestiver interner Kollationierung von jeweils ca. 30 Exemplaren der beiden Erstausgaben mit höchster Wahrscheinlichkeit als "Leittext" sicherzustellen war, da es sich bei den rd. 36 nachweisbaren Exemplaren in der 1. Auflage von 1626 und den rd. 52 nachweisbaren Exemplaren des 2. Teils der Straßburger Ausgabe von 1631 in der Regel um Mischexemplare unterschiedlichster Art handelt (siehe "Abschlußbericht" an die DFG, S. 4f.). Die Edition bietet weiterhin die Varianten der späteren Ausgaben von 1628 und 1639 sowie z.B. der Ausgabe von 1653, aus der ein Exemplar durch J. G. Schottelius' Benutzerspuren herausragt, bis hin zur von Christian Weise betreuten Ausgabe von 1693. Zudem kommen, im Zusammenhang mit der Überlieferung der Zincgrefschen Apophthegmatik, Texte von Johann Leonhard Weidner, Zacharias Lund und C. Weise sowie aus den niederländischen Übersetzungen der "Apophthegmata teutsch" von 1668 und 1669 zum Abdruck. Neben Worterläuterungen und Hinweisen auf das Fortwirken einzelner Texte machen die Sacherläuterungen und Quellennachweise den Hauptanteil am Kommentarband und ein besonderes Anliegen der Herausgeber aus. Die sachdienlichen Kommentare zu den 2.117 Einzelapophthegmen führen teilweise tief beispielsweise in politik-, reichs- und territorialgeschichtliche, konfessionspolitische und kirchengeschichtliche sowie in rechts-, aber auch universitäts- und bildungsgeschichtliche Kontexte. Die 'Quellen' wiederum, aus denen Zincgref übersetzend, redigierend und modellierend für seine Sammlungen schöpfte, sind nicht nur sehr unterschiedlicher Überlieferung: gedruckt, handschriftlich und oral, sondern auch verschiedener Sprachlichkeit: teilweise griechisch und überragend alt- und neulateinisch, auch französisch (u.a. für den eigenwilligen zweisprachigen "Anhang" mit Apophthegmen König Heinrichs IV. von Frankreich im 2. Teil), gelegentlich englisch und italienisch, schließlich in erheblichem Umfang natürlich deutsch und niederländisch. Darüber hinaus stammen die 'Quellen' aus der historischen und zeitgenössischen Historienliteratur in ihrer ganzen Formenvielfalt und Textsortenvarianz von der Autobiographik, Anekdotik und Biographik über geschichtswissenschaftliche Darstellungen des Altertums und der frühen Neuzeit (z.B. Tacitus, Jacques Auguste de Thou) bis hin zu enzyklopädischen und anthologischen Verdichtungen der verschiedenen historiographischen Überlieferungen. Die Quellennachweise fuhren so teilweise tief in die formgeschichtlichen Voraussetzungen der kleinformatigen Zweckliteratur des Späthumanismus und frühen Barock (Apophthegma, Sentenz. Gnome, Sprichwort, Geflügeltes Wort, Narrenspruch, Witz, Scherzrede, Exemplum, Chrie, Adagium, Aphorismus, Historie etc.).
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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