Eine allgemeine Methode zur Fmoc-basierten Festphasensynthese von Peptidthioestern über S>S-Acyltransfer
Final Report Abstract
Es war geplant, eine Fmoc-basierte Methode zu entwickeln, die einen einfachen und raschen Zugang zu langen Peptidthioestern eröffnet. Hierzu sollten Dithiollinker entwickelt werden. Eine Thiolgruppe ist sterisch gehindert und wird zur Verankerung des Peptids mit dem Syntheseharz eingesetzt. Die zweite Thiolgruppe wird bei der Abspaltung vom Syntheseharz freigesetzt. Durch einen intramolekularen S→S-Acyltransfer lagert sich der sterisch gehinderte und daher unreaktive Peptidthioester dann in einen reaktiven Thioester um, so dass eine Native Chemical Ligation (NCL) mit hoher Geschwindigkeit ablaufen kann. Zunächst wurden Acyloxybenzyl-geschützte 3,3-Dimethyl-1,3-dimercaptopropane untersucht. Hierbei wird die sterisch ungehinderte Mercaptogruppe durch die Fragmentierung des Acyloxybenzylethers freigesetzt. Allerdings blieb die Phenolesterstruktur unter den Bedingungen der Fmoc-basierten Festphasensynthese nicht intakt. Zusätzlich ging der freigesetzte Acyl-1,3-dithiolester eine rasche Zyklisierungsreaktion unter der Bildung eines 1,3-Dithians ein. Ein neuer Dithiollinker wurde entworfen. In diesem wurde die ungehinderte Mercaptogruppe an der Seitenkette angeordnet, so dass die Verankerung mit dem polymeren Träger über die in der Peptidsynthese üblichen Ester- bzw. Amidstrukturen erfolgen konnte. Beim Versuch, ein Trtgeschütztes 3,3-Dimethyl-3-Mercapto-2-Mercaptomethylpropyloxyacetyl-Harz mit der Startaminosäure zu laden, wurde nach Capping und Abspaltung vom Träger erneut die Bildung eines 1,3-Dithians sowie zusätzlich eines 1,2-Dithiolans beobachtet. Die Arbeiten zeigten, dass 1,3-Dithiolstrukturen unkontrollierbar rasch Zyklisierungsreaktionen eingehen. In Folgeuntersuchungen wurden Dithiollinker erprobt, in denen die Mercaptogruppen in größerem Abstand angeordnet wurden. Hierzu wurden zwei mercaptofunktionalisierte Synthesebausteine durch klassische Methoden der Festphasenpeptidsynthese kombiniert. Ein Linker auf Basis einer N-(3,3-Dimethyl-3- Mercaptopropionyl)cystein-Struktur widerstand den Bedingungen einer Fmoc-basierten Festphasensynthese nicht. Bei Verwendung einer N-(3,3-Dimethyl-3-Mercaptopropyloxyacetyl)cystein-Struktur gelang die Fmocbasierte Festphasensynthese von 12 und 26 Aminosäuren langen Peptidthioestern, die Leucin oder Glutamin als C-terminale Aminosäure enthielten. Bei der Synthese eines 16-mer Peptidthioesters mit C-terminalem Lysin wurde deutlich, dass sich die generelle Anwendbarkeit der Methode auf die Synthese von Peptidthioestern mit sterisch gehinderten C-terminalen Aminosäuren beschränkt. Die gebildeten Peptidthioester (Peptid-SC(Me)2CH2CH2OCH2CO-Cys) wurden in der NCL verwendet. Die Anwesenheit des Cysteins in der Thiolfluchtgruppe vermittelte eine dramatische Beschleunigung der NCL-Reaktion. Die NCL gelang nicht, wenn der Cysteinrest fehlte. Dieser Reaktivitätsunterschied ist erklärlich, wenn man den von uns postulierten intramolekularen S→S-Acyltransfer zu Grunde legt. In weiteren Arbeiten untersuchten wir diesen Effekt eingehender. Wir synthetisierten Peptidthioester, bei denen der Mercaptoproprionsäure(MPA)-Komponente verschiedene Aminosäuren vorangestellt wurden. Die Geschwindigkeit der NCL wurde dramatisch gesteigert, sobald die Thiolfluchtgruppe einen Cysteinrest enthielt. Auch bei Variation der C-terminalen Aminosäure in der Acylkomponente (Gly, Ser, Ala, Asn, Val, Leu) blieb die Reaktivitätssteigerung erhalten. Die üblicherweise verwendeten Thioladditive wie Mercaptoethylsulfonat (MesNa) oder Mercaptophenylessigsäure (MPAA) waren nicht in der Lage, die Reaktivität zu steigern. Damit ist die Verwendung der Thioladditive obsolet. Auf der Grundlage der MPA-Cys-Thioester entwickelten wir eine „thiolfreie“ NCL-Methode. Ein Manuskript ist zur Publikation eingereicht. Die MPA-Cys-Thioester können ausgehend von kommerziell erhältlichen Bausteinen einfach über bekannte und robuste Methoden der Festphasensynthese hergestellt werden. Die Reaktivität der MPA-Cys-Thioester ist so hoch, dass bei der NCL auf den Zusatz aktivierender Thiole verzichtet werden kann. Dies ermöglicht die Anwendung von Eintopf-Synthesen. Beispielhaft demonstrierten wir eine sequentielle Eintopf-NCL-Reaktionen unter kinetischer Kontrolle, bei der ein reaktiver Peptidthioster mit einem Cysteinpeptidthioester geringerer Reaktivität umgesetzt wurde bevor der Reaktionsmischung ein drittes, cysteinterminiertes Peptid zugesetzt wurde. In einer Eintopf-NCL-Desulfurierungs-Reaktion stellten wir eine SH3-Domäne her. Wir gehen davon aus, dass nach Publikation dieser Resultate auch andere Gruppen dazu übergehen, die üblicherweise verwendeten Peptid-MPA-Thioester durch Peptid-MPA-Cys-Thioester zu ersetzen. Bei der Bearbeitung des Forschungsvorhabens bemerkten wir eine Nebenreaktion. Der bei der NCL verwendete Zusatz an Phosphin kann zu unerwünschten Desulfurierungsreaktionen führen. Diese Reaktion verläuft nach einem radikalischen Mechanismus. Der Zusatz von Arylmercaptanen verhindert die Nebenreaktion. Um eine thiolfreie NCL zu ermöglichen, suchten wir nach alternativen Radikalfängern. Wie wir in einer Publikation zeigten, ist das gut wasserlösliche Ascorbat in der Lage, die Desulfurierung zu inhibieren.
Publications
- "Ligation-Desulfurization: A Powerful Combination in the Synthesis of Peptides and Glycopeptides". Biopolymers 2010, 94, 551-559
H. Rohde, O. Seitz
- "9-Fluorenylmethyloxycarbonyl-basierte Festphasensynthese von α-Peptidthioestern". Angew. Chem. 2011, 123, 1266-1274; Angew. Chem. Int. Ed. 2011, 50, 1232- 1240
F. Mende, O. Seitz
- "Ascorbate as an Alternative to Thiol Additives in Native Chemical Ligation". ChemBioChem 2011, 12, 1396-1400
H. Rohde, J. Schmalisch, O. Seitz