Steuer- und Tarifsysteme und die Entwicklung der wirtschaftlichen Ungleichheit in Europa
Final Report Abstract
Der moderne Wohlfahrtsstaat in den Industrienationen hat es sich zum Ziel gesetzt, zu groß werdende Niveaus von ungleicher Einkommensverteilung zu reduzieren. Während je nach politischem Willen diese Umverteilung mehr oder weniger stark wirken soll, ist es für die Regierungen in allen Wohlfahrtsstaaten von Bedeutung zu wissen, ob und mit welchen Mitteln eine Ungleichheitsreduzierung stattfinden kann. Dieses von der DFG geförderte Forschungsprojekt hat sich zum Ziel gesetzt, diese Frage unter Bezugnahme der besten verfügbaren Daten und empirischen Methoden zu beantworten. Das Projekt hat gezeigt, dass die Ungleichheit in den meisten der westlichen Industrienationen über den Zeitverlauf der letzten 30 Jahre gestiegen ist. Die fortschreitende Globalisierung und der dadurch entstehende Druck auf den Niedriglohnbereich ist ein wichtiger, aber bei weitem nicht der einzige Grund für diese Entwicklung. Die Forschungsarbeiten haben aber auch gezeigt, dass staatliche Institutionen trotz entgegenwirkender Zweitrundeneffekte in der Lage sind, Einkommensungleichheit zu reduzieren. Maßnahmen wie progressive Steuersysteme oder Sozialleistungen sind trotz der potenziell negativen Auswirkungen auf Arbeitsanreize geeignet, um Ungleichheit einzudämmen. Dies liegt unter anderem daran – wie in mehreren Studien im Rahmen dieses Projektes gezeigt – , dass die Arbeitsangebotselastizitäten und damit verbunden die Zweitrundeneffekte sehr gering sind; Menschen passen ihr Arbeitsangebot dem Steuer- und Transfersystem weniger an als allgemeinhin erwartet. Eine weitere wesentliche Erkenntnis aus dem Forschungsvorhaben ist, dass umfangreiche Wohlfahrtssysteme die Volatilität von Einkommensungleichheit über den Konjunkturzyklus wesentlich glätten; sie wirken als automatische Stabilisatoren zum Beispiel im Fall von erheblichen ökonomischen Schocks wie der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise. Die erfolgreichen Publikationen von Teilprojekten in international renommierten und begutachteten Fachzeitschriften unterstreichen, dass das vorliegende Projekt einen wesentlichen Beitrag zur Analyse des staatlichen Einflusses auf Einkommensungleichheit geleistet hat. Dennoch ist weiterführende Forschung notwendig, um die relevante Fragestellung hinreichend zu beleuchten. Viele der zurzeit verfügbaren und auch hier benutzten Daten – sowohl auf Mikro- als auch auf Makroebene – zur Einkommensverteilung basieren beispielsweise auf Surveys, die anfällig für ungenaue oder falsche Angaben zur Einkommenshöhe sind. Ein vielversprechender Weg für einen weiteren Forschungsansatz ist die Benutzung von seit kürzerer Zeit immer besser und öfter zur Verfügung stehenden administrativen Daten, die nicht auf Selbstauskunft einzelner Personen basieren, sondern von der amtlichen Statistik zum Beispiel basierend auf Steuererklärungen oder Sozialversicherungsdaten zur Verfügung gestellt werden.
Publications
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2012, Welfare State Regimes and Distributional Outcomes in Europe, Journal of European Social Policy, 2012, 22 (5), 453-469
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2013, Fiscal Union in Europe? Redistributive and Stabilising Effects of a European Tax-Benefit System and Fiscal Equalisation Mechanism, Economic Policy, 28(75), 375–422
Bargain, O., M. Dolls, C. Fuest, D. Neumann, A. Peichl, N. Pestel and S. Siegloch