Rolle endogener Alarmsignale in der Immunpathogenese der Pneumokokken-Meningitis
Final Report Abstract
Die Pneumokokken-Meningitis ist die häufigste und gleichzeitig die gefährlichste Form der bakteriellen Meningitis im Erwachsenenalter. In dieser Altersgruppe liegt die Letalität über 10%. Bei etwa einem Drittel der Patienten treten neurologische Folgeschäden auf. Neuropathologisches Korrelat dieser Residuen sind Gewebeuntergänge in verschiedenen Hirnregionen. Die Gewebeschäden wiederum werden vornehmlich durch die massive, protrahierte Entzündungsreaktion verursacht. Diese wird durch die Erkennung Pathogenassoziierter „Alarmsignale“ durch Mustererkennungsrezeptoren des angeborenen Immunsystems (wie Toll-like Rezeptor [TLR]2, TLR4, und RAGE [=Rezeptor für fortgeschrittene Stoffwechselprodukte der Glykierung]) ausgelöst. Unter einer antimikrobiellen Behandlung werden diese bakteriellen Alarmsignale innerhalb wenige Stunden eliminiert, die gefährliche Entzündungsreaktion jedoch nicht „abgeschaltet“. Eine mögliche Erklärung wäre die Freisetzung sogenannter endogener (wirtseigener) „Alarmsignale“ aus geschädigten Zellen. Zu den bekanntesten endogenen Alarmsignalen gehören die Proteine HMGB1 und S100A8/A9. In diesem Forschungsvorhaben konnte unsere Arbeitsgruppe - in Kooperation mit den Professor(inn)en Bierhaus, Hammerschmidt, Sperandio und Vogl – zum ersten Mal zeigen, dass große Mengen von HMGB1 und S100A8/A9 bei Patienten mit einer Pneumokokken-Meningitis in den Liquor freigesetzt werden. In Analogie zum Patienten fanden sich auch im Mausmodell erhöhte Konzentrationen der beiden Alarmsignale im Liquor. Zur Charakterisierung deren funktioneller Bedeutung wurden in Folgeuntersuchungen spezifische pharmakologische Hemmstoffe sowie gen-defiziente Mäusestämme eingesetzt. Die zentralen Beobachtungen dieser Versuchsreihen waren, dass [i] beide Alarmsignale zur Aufrechterhaltung der Entzündungsreaktion beitragen, und [ii] dieser Effekt mit einer Verschlimmerung der neuropathologischen Veränderungen und folglich einem ungünstigeren klinischen Verlauf vergesellschaftet war. Zur Aufrechterhaltung der Entzündungreaktion trugen sowohl direkte (RAGE-vermittelte) als auch indirekte (TLR2/4-vermittelte) pro-inflammatorische Effekte von HMGB1 und S100A8/A9 bei, wie Untersuchungen mit rekombinanten Proteinen belegten. Somit scheinen endogene Alarmsignale einen vielversprechenden Angriffspunkt für adjuvante Therapiemaßnahmen der Pneumokokken-Meningitis darzustellen. Neue adjuvante Behandlungsmaßnahmen sind dringend erforderlich, da die einzige, derzeit zur Verfügung stehende Therapie mit Dexamethason zwar zu einer Reduktion der Letalitätsrate und der Akutkomplikationen führte, aber immer noch über 10% der Patienten versterben und viele Patienten Langzeitkomplikationen aufweisen. Vor der Translation in die klinische Praxis sind jedoch weitere tierexperimentelle Studien notwendig, die beispielsweise die Rolle endogener Alarmsignale bei anderen Formen der bakteriellen Meningitis (z.B. Meningokokken-Meningitis) untersuchen.